Fakten statt Polemik - Warum die Kritik von Herrn Kaser an der AT1-Anleihe nicht überzeugt

Um die Aussagen von Herrn Kaser auf ihre Plausibilität zu überprüfen, analysiere ich seine zentralen Argumente aus einer finanzwirtschaftlichen Perspektive. Nach der Analyse zeige ich, warum seine Behauptungen nicht stichhaltig sein könnten.

Hier geht es zu den Argumenten

1. Opportunitätskosten: "10 Millionen hätten in sozialen Wohnungsbau investiert werden können"

Analyse:

  • Die Behauptung, dass eine Investition in den sozialen Wohnungsbau jährliche Erträge von 950.000 bis 1.500.000 Euro generieren könnte, ist hoch spekulativ. Der soziale Wohnungsbau ist eine niedrigmargige Investition, da die Mieten stark reguliert sind. Eine derart hohe Rendite ist in der Praxis unrealistisch.
  • Eine solche Investition erfordert zusätzlich langwierige Planungs- und Bauprozesse, während die Anlage in Anleihen sofortige Liquidität schafft. Die Verzinsung der Anleihe ist klar kalkulierbar, während die Renditen aus Immobilienprojekten ungewiss sind.

Warum es kritisch zu sehen ist:

Opportunitätskosten zu berechnen ist sinnvoll, aber es wäre unseriös, den sozialen Wohnungsbau als hochrentabel darzustellen. Solche Projekte sind oft langfristige Vorhaben mit begrenztem Cashflow.

2. "Keine Zinsgewinne, da Darlehen Zinsen und Tilgung erfordern"

Analyse:

  • Herr Kaser vermischt hier zwei verschiedene Perspektiven: die Stadt investiert 10 Millionen Euro in die Anleihe und erhält dafür regelmäßig Zinsen. Die Finanzierung der Anleihe über Darlehen ist eine separate Entscheidung. Der Zinsaufwand aus der Finanzierung und die Zinseinnahmen aus der Anleihe müssen separat bilanziert werden.
  • Der Nettoeffekt hängt davon ab, ob die Rendite der Anleihe höher ist als die Zinslast des Darlehens. AT1-Anleihen haben typischerweise eine attraktive Verzinsung, die häufig über den Refinanzierungskosten liegt.

Warum die Argumentation fehlerhaft ist:

Herr Kaser ignoriert die Möglichkeit, dass die Anleiherendite die Refinanzierungskosten übersteigt. Wenn die Zinsen der Anleihe beispielsweise 5% betragen und die Stadt ihr Darlehen zu 3% aufnimmt, bleibt ein positiver Spread.

3. "Unsichere Rückzahlung der Anleihe"

Analyse:

  • AT1-Anleihen sind hybride Finanzinstrumente, die theoretisch kein festes Rückzahlungsdatum haben. Die Emittenten (z. B. Stadtsparkassen) tilgen diese Anleihen in der Regel, sobald dies ökonomisch sinnvoll ist, um ihre Refinanzierungskosten zu optimieren.
  • Allerdings ist das Risiko eines vollständigen Kapitalverlusts bei solchen Instrumenten in einem stabilen Umfeld gering. Stadtsparkassen in Deutschland unterliegen strengen Regulierungen, und ein Zahlungsausfall wäre extrem ungewöhnlich.

Warum die Kritik nicht haltbar ist:

Obwohl es theoretisch keine Garantie für eine Rückzahlung gibt, wird die Stadtsparkasse unter normalen Umständen die Anleihe bedienen. Herr Kaser dramatisiert hier ein Risiko, das in der Realität für ein solides Institut wie die Stadtsparkasse unwahrscheinlich ist.

4. "Die Stadtsparkasse profitiert auf Kosten der Stadt"

Analyse:

  • Stadtsparkassen sind öffentliche Institute, die grundsätzlich den Auftrag haben, die regionale Wirtschaft zu fördern. Die Stadt profitiert von der wirtschaftlichen Stabilität der Stadtsparkasse, da diese wiederum Steuern zahlt und lokale Projekte unterstützt.
  • Die Entscheidung der Stadt, Kapital in die Stadtsparkasse zu investieren, stärkt das Eigenkapital der Sparkasse und ermöglicht es ihr, Kredite in der Region zu vergeben.

Warum diese Kritik problematisch ist:

Es ist üblich, dass Städte Kapital in ihre Sparkassen investieren, um deren Kreditvergabefähigkeit zu stärken. Solche Investitionen tragen zur Stabilität des lokalen Finanzmarktes bei und sind oft eine Win-Win-Situation.

5. "Forderung nach Trennung zwischen Stadt und Sparkasse"

Analyse:

  • Die engen Verbindungen zwischen Städten und Sparkassen sind historisch bedingt und gesetzlich geregelt. Sparkassen arbeiten primär im Interesse ihrer kommunalen Träger.
  • Eine vollständige Trennung ist nicht nur unrealistisch, sondern würde die Fähigkeit der Stadt schwächen, Einfluss auf die Sparkasse zu nehmen.

Warum diese Forderung unplausibel ist:

Eine stärkere Trennung zwischen Stadt und Sparkasse würde die Stadt schwächen, da sie dann weniger Einfluss auf die Strategie und Entscheidungen der Sparkasse hätte.

Fazit: Warum Herr Kasers Argumente nicht plausibel sind

  1. Wirtschaftliche Spekulation: Seine Annahmen über alternative Investitionen (z. B. sozialer Wohnungsbau) sind unrealistisch hoch angesetzt und ignorieren die Langfristigkeit solcher Projekte.
  2. Fehlende Differenzierung: Kaser vermischt Zinseinnahmen und -ausgaben, was zu einer verzerrten Darstellung der Ertragslage führt.
  3. Überzogene Risikoeinschätzung: Die Risiken von AT1-Anleihen sind für eine Stadtsparkasse sehr begrenzt und werden überdramatisiert.
  4. Unverständnis der Sparkassenstruktur: Die Rolle der Stadtsparkasse als regionaler Wirtschaftsförderer wird nicht ausreichend berücksichtigt.

Herr Kaser scheint mehr auf politische Argumentation als auf eine fundierte finanzwirtschaftliche Analyse zu setzen.

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