Der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein (LRH) hat die Stadt Wedel gemeinsam mit den Mittelstädten Elmshorn und Quickborn einer umfassenden überörtlichen Prüfung unterzogen. Ziel dieser Untersuchung war es, die Finanzlage, die organisatorischen Strukturen und die Verfahrensabläufe der Verwaltung zu bewerten sowie Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Die Prüfung basiert auf den Jahresabschlüssen der Jahre 2013 bis 2018 sowie den Haushaltsplanungen bis 2023. Der Bericht hebt hervor, dass erhebliche Schwächen in der Finanz- und Verwaltungsstruktur bestehen, die eine nachhaltige Leistungsfähigkeit der Stadt gefährden.
Ist-Zustand der Stadt Wedel
1. Finanzlage
Die Stadt Wedel befindet sich in einer finanziell schwierigen Situation. Hierzu tragen folgende Faktoren bei:
- Defizite: In den Jahren 2013, 2014 und 2018 verzeichnete die Stadt erhebliche Fehlbeträge von insgesamt 14,3 Mio. €. Bis 2023 sind weitere Fehlbeträge von 16,6 Mio. € geplant, was ein kumuliertes Defizit von 30,9 Mio. € bedeutet.
- Schulden: Der Schuldenstand wird bis 2023 auf 99,6 Mio. € ansteigen, wodurch der Schuldendienst (aktuell 187 € pro Einwohner) zu einer zunehmenden Belastung wird.
- Investitionen: Der Reinvestitionsbedarf, insbesondere bei der Straßeninfrastruktur, beträgt über 26 Mio. €. Der hohe Anlagenabnutzungsgrad (62 %) verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf.
- Ungleichgewicht: Zwischen Einnahmen und Ausgaben besteht ein strukturelles Ungleichgewicht, das die finanzielle Stabilität der Stadt langfristig gefährdet.
2. Forderungsmanagement
Das Forderungsmanagement weist deutliche Defizite auf, die sich negativ auf die Liquidität der Stadt auswirken:
- Offene Forderungen: Im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2018 beliefen sich die offenen Forderungen auf 2,3 Mio. €, was 69 € pro Einwohner entspricht.
- Mahnwesen: Mahnverfahren werden nicht regelmäßig durchgeführt, und es fehlt an systematischen Kontrollen sowie aussagekräftigen Kennzahlen.
- Vollstreckung: Die Erfolgsquoten des Vollstreckungsdiensts sind niedrig und werden nicht konsequent überwacht oder optimiert.
3. Organisation
Die organisatorischen Strukturen der Verwaltung sind veraltet und unzureichend:
- Dienstanweisungen: Viele Anweisungen und Vereinbarungen sind nicht mehr aktuell und entsprechen nicht den heutigen Anforderungen.
- Berichtswesen: Es fehlt ein rechtskonformes Berichtswesen nach § 45c GO, das eine transparente Steuerung ermöglichen würde.
- Zielfindungsprozess: Der seit 1999 laufende Zielfindungsprozess ist noch immer nicht abgeschlossen. Vorhandene Ziele und Kennzahlen sind wenig aussagekräftig.
4. Personalmanagement
- Personalkosten: Die Kosten pro Einwohner liegen mit 329 € deutlich über dem Durchschnitt vergleichbarer Kommunen.
- Leistungsorientierte Bezahlung: Ein systematisches System zur leistungsorientierten Vergütung fehlt. Stattdessen erfolgen pauschale Ausschüttungen ohne gezielte Steuerungswirkung.
- Personalbericht: Der jährliche Personalbericht enthält keine relevanten Steuerungskennzahlen wie Krankenstände oder Mehrarbeitszeiten.
5. Kostenrechnende Einrichtungen
Kostenrechnende Einrichtungen wie der Bauhof, die Straßenreinigung und der Markt weisen erhebliche Defizite auf:
- Kostendeckung: Die Einrichtungen arbeiten nicht kostendeckend, und es fehlen verbindliche Standards zur Kosten- und Leistungsrechnung.
- Verlustausgleich: Verluste werden aus allgemeinen Steuereinnahmen kompensiert, was den Haushalt zusätzlich belastet.
6. Steuerrechtliche Anpassungen (§ 2b UStG)
Die Stadt hat noch keine ausreichenden Strukturen zur Umsetzung steuerrechtlicher Vorgaben geschaffen:
- Tax Compliance Management-System: Ein solches System zur Einhaltung steuerrechtlicher Anforderungen ist nicht etabliert.
- Politische Entscheidungen: Die Klärung wichtiger Nutzungsentgelte wie Park- oder Marktgebühren ist noch nicht abgeschlossen.
Empfehlungen
Der LRH gibt umfangreiche Empfehlungen zur Verbesserung der Situation:
- Haushaltskonsolidierung: Durchführung einer Produktkritik zur Identifikation ineffizienter Leistungen und Nutzung von Ertragspotenzialen.
- Forderungsmanagement: Effizientere Mahnverfahren und bessere Steuerung durch aussagekräftige Kennzahlen.
- Organisation: Aufbau eines rechtskonformen Berichtswesens und Aktualisierung von Dienstanweisungen.
- Personalmanagement: Senkung der Personalkosten und Einführung eines leistungsorientierten Vergütungssystems.
- Kostendeckende Einrichtungen: Aufbau einer verbindlichen Kostenrechnung und Anpassung der Gebühren.
- h3>Fazit
Der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein (LRH) kommt in seinem Bericht zu einem klaren und deutlichen Fazit: Die Stadt Wedel steht vor erheblichen finanziellen, organisatorischen und strukturellen Herausforderungen, die ihre langfristige Leistungsfähigkeit gefährden. Ohne konsequente und umfassende Reformen wird die Stadt Wedel kaum in der Lage sein, ihre Haushaltsdefizite auszugleichen, ihre Schuldenlast zu reduzieren oder notwendige Investitionen in die Infrastruktur umzusetzen.
Finanzielle Herausforderungen
Die finanzielle Lage der Stadt ist durch strukturelle Defizite gekennzeichnet, die sich durch hohe Schulden, steigende Zinsbelastungen und einen signifikanten Investitionsstau weiter verschärfen. Die Einnahmen reichen nicht aus, um die steigenden Ausgaben zu decken, und der Handlungsspielraum wird durch den Schuldendienst erheblich eingeschränkt. Die Investitionsrückstände, insbesondere im Bereich der Straßeninfrastruktur, gefährden zudem die Qualität und Funktionsfähigkeit der öffentlichen Leistungen.
Organisatorische Schwächen
Der Bericht hebt hervor, dass die Verwaltungsstrukturen der Stadt veraltet und ineffizient sind. Dienstanweisungen und interne Regelungen sind teils nicht mehr aktuell, und ein rechtskonformes Berichtswesen fehlt. Diese Mängel behindern eine effektive Steuerung und Transparenz in der Verwaltung. Auch die unzureichende Überwachung und Steuerung von Forderungen sowie das Fehlen verbindlicher Kosten- und Leistungsrechnungen verschärfen die finanziellen Probleme der Stadt.
Personalkosten und Steuerungsdefizite
Die Personalkosten liegen über dem Durchschnitt vergleichbarer Kommunen, ohne dass ein leistungsorientiertes Vergütungssystem existiert. Dies führt zu einer ineffizienten Nutzung der personellen Ressourcen. Der jährliche Personalbericht enthält zudem keine relevanten Steuerungskennzahlen, die eine Verbesserung der Personalplanung und -führung ermöglichen würden.
Empfohlene Reformen
Der Landesrechnungshof fordert die Stadt Wedel auf, sofortige und umfassende Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung, Organisationsmodernisierung und Effizienzsteigerung zu ergreifen. Zu den zentralen Empfehlungen gehören:
- Die Einführung einer strategischen Haushaltskonsolidierung mit einer systematischen Produktkritik zur Überprüfung und Optimierung aller städtischen Leistungen.
- Die Verbesserung des Forderungsmanagements durch effizientere Mahnverfahren und die Einführung von Kennzahlen zur Überwachung und Steuerung.
- Der Aufbau eines rechtskonformen Berichtswesens nach § 45c GO und die Modernisierung von internen Anweisungen und Regelungen.
- Die Einführung eines leistungsorientierten Vergütungssystems und die Verbesserung der Personalplanung durch aussagekräftige Berichte.
- Die Schaffung eines verbindlichen Kosten- und Leistungsrechnungssystems sowie die Anpassung von Gebühren, um eine kostendeckende Finanzierung sicherzustellen.
Ausblick
Die Umsetzung der vom LRH vorgeschlagenen Maßnahmen erfordert entschlossenes Handeln von Politik und Verwaltung. Nur durch eine konsequente Umsetzung der Reformen kann die Stadt Wedel ihre finanzielle Stabilität wiederherstellen, die Qualität ihrer öffentlichen Leistungen sichern und eine nachhaltige Entwicklung gewährleisten. Der Bericht bietet eine klare Grundlage für den notwendigen Veränderungsprozess und sollte als Leitfaden für die kommenden Jahre dienen.