Haushaltssituation und Konsolidierungsbemühungen der Stadt Wedel im Jahr 2024

Seit 2014 steht die Stadt Wedel vor der großen Herausforderung, ihren Haushalt zu konsolidieren und finanzielle Stabilität zu erreichen. Trotz mehrfacher Bemühungen und Steuererhöhungen blieb der Erfolg aus. Die finanzielle Schieflage der Stadt wurde durch strukturelle Defizite, politische Differenzen und Kommunikationsprobleme zwischen Verwaltung und Politik zusätzlich erschwert. In diesem komplexen Umfeld versuchten die Akteure, durch gezielte Maßnahmen und externe Beratung die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt zu retten. Der folgende Text beleuchtet die beschwerlichen Schritte auf diesem Weg und die erzielten Fortschritte.

Strategische Ziele und Kennzahlen

Der Rat der Stadt Wedel hat im Jahr 2024 eine neue Fassung der strategischen Ziele verabschiedet, die als Leitfaden für die zukünftige Entwicklung der Stadt dienen sollen. Diese Ziele wurden in einem intensiven Workshop der Ratsmitglieder im Herbst 2023 in Zusammenarbeit mit Dr. Müller-Elmau vom Institut für Public Management erarbeitet. Das Ziel war es, eine klar strukturierte und zukunftsorientierte Strategie zu entwickeln, die den aktuellen Herausforderungen der Stadt gerecht wird.

Die strategischen Ziele sind in acht Handlungsfelder gegliedert: Bildung, Kultur und Sport, Umwelt und Klimaschutz, Stadtentwicklung, Familie und Soziales, Wirtschaft, Transparenz und Beteiligung, Zukunftsfähigkeit der Stadtverwaltung sowie finanzielle Handlungsfähigkeit. Besonders die Handlungsfelder Umwelt und Klimaschutz, Transparenz und Beteiligung sowie finanzielle Handlungsfähigkeit wurden als übergeordnete Ziele festgelegt. Diese sollen bei allen Gremienentscheidungen berücksichtigt werden, um ihre Relevanz und Priorität in der Stadtpolitik zu unterstreichen.

Der Prozess der Zielentwicklung beinhaltete eine kritische Überprüfung und Reduzierung der strategischen Ziele, um eine fokussierte Umsetzung zu ermöglichen. Diese Neuausrichtung zielte darauf ab, die verfügbaren Ressourcen effizienter zu nutzen und die Zielerreichung messbar zu machen. Hierfür sollen Kennzahlen entwickelt werden, die es ermöglichen, den Fortschritt der Zielerreichung zu überwachen.

Beispiele für die festgelegten Kennzahlen sind:

  • Bildung, Kultur und Sport (Handlungsfeld 1):
    • Auslastungsgrad der Schulen: Diese Kennzahl misst, wie gut die Kapazitäten der Schulen genutzt werden, um den Bedarf zu decken.
    • Anzahl der kulturellen Einrichtungen: Diese Zahl gibt an, wie vielfältig das kulturelle Angebot in Wedel ist
  • Umwelt und Klimaschutz (Handlungsfeld 2):
    • Prozentualer Anteil motorisierter städtischer Fahrzeuge ohne CO2-Emissionen: Diese Kennzahl zeigt den Fortschritt bei der Umstellung auf emissionsfreie Fahrzeuge.
    • Anteil der städtischen Dachflächen mit Solaranlagen: Diese Kennzahl misst den Fortschritt bei der Nutzung erneuerbarer Energien auf städtischen Gebäuden.
  • Stadtentwicklung (Handlungsfeld 3):
    • Anzahl der sozialgeförderten Wohnungen: Diese Kennzahl gibt Auskunft über die Verfügbarkeit von erschwinglichem Wohnraum in der Stadt.
    • Anteil Straßen mit Tempo 30 im Vorbehaltsnetz: Diese Zahl zeigt, wie viel des Straßennetzes verkehrsberuhigt ist.
  • Wirtschaft (Handlungsfeld 5):
    • Anzahl sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze: Diese Kennzahl zeigt die Beschäftigungslage in Wedel.
    • Verfügbare freie Gewerbeflächen in Quadratmetern: Diese Zahl gibt an, wie viel Raum für wirtschaftliche Expansion zur Verfügung steht.

Investitionspriorisierung

Die Stadt Wedel plant, ab dem Haushaltsjahr 2025 ein strukturiertes System zur Priorisierung von Investitionen einzuführen. Dieses System soll sicherstellen, dass die verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen effizient genutzt werden und die Stadt ihren Haushalt genehmigungsfähig gestalten kann.

In der Vergangenheit hat die Stadt Wedel regelmäßig mehr Investitionen in ihren Haushalt eingestellt, als tatsächlich realisiert werden konnten. Dies führte zu wiederholter Kritik seitens des Innenministeriums, da die vorgesehene Umsetzungsquote von 60 % nicht erreicht wurde. Um diesem Problem zu begegnen, wurde gemeinsam mit Dr. Müller-Elmau vom Institut für Public Management ein zweigeteiltes System zur Investitionspriorisierung entwickelt und auf die Bedürfnisse der Stadt Wedel angepasst. Der Ansatz wurde bereits in einem Workshop im September 2023 vorgestellt und von den teilnehmenden Ratsmitgliedern positiv bewertet.

Das Verfahren zur Investitionspriorisierung besteht aus vier Stufen:


1. Festlegung des Gesamtinvestitionsbudgets: Ab 2025 wird jährlich ein Investitionsbudget basierend auf den jährlichen Abschreibungen und einer Reinvestitionsquote (RIQ) bestimmt. Für 2025 beträgt das Budget beispielsweise 12.140.518 Euro.

2. Priorisierung der Investitionen: Da regelmäßig mehr Investitionen vorgesehen sind, als Mittel zur Verfügung stehen, werden die Investitionen in eine Reihenfolge gebracht. Dies erfolgt durch ein objektives und transparentes Verfahren, das in vier Schritten mit unterschiedlicher Gewichtung umgesetzt wird:

  • Erfüllung gesetzlicher Vorgaben (20 %)
  • Anlagezustand nach Anlagenabnutzungsgrad (15 %)
  • Fachliche Einschätzung durch die Verwaltung (15 %)
  • Strategisch-politische Bedeutung (50 %)

Je geringer die Punktzahl einer Investition, desto höher wird sie priorisiert. Investitionen, die gesetzliche Vorgaben nicht erfüllen, erhalten höchste Priorität.

Die Verwaltung von Wedel sieht in diesem System eine Möglichkeit, Investitionen nachvollziehbar und transparent zu priorisieren. Dies unterstützt nicht nur die politische und verwaltungsinterne Entscheidungsfindung, sondern erleichtert auch die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern. Das System wird bereits erfolgreich in anderen Verwaltungen genutzt und soll helfen zu verhindern, dass Haushalte vom Innenministerium nicht genehmigt werden.

Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung

Der Rat der Stadt Wedel hatte in seiner Sitzung vom 11. Mai 2023 die Umsetzung verschiedener Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung beschlossen. Weitere Maßnahmen sollten geprüft und ggf. später umgesetzt werden. Insgesamt wurden sowohl Ertragssteigerungen als auch Aufwandsreduzierungen diskutiert.

Die Vorschläge wurden seinerzeit mit externer Unterstützung durch das Institut für Public Management vom Lenkungsausschuss in der vergangenen Wahlperiode ausgearbeitet und dem Rat zur Beschlussfassung vorgelegt.

Die beigefügte Übersicht (Anlage 1) stellt den Stand der Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen zum 26.01.2024 dar. Vom ursprünglich in der Diskussion stehenden Konsolidierungsbetrag von rund 5,5 Mio. Euro für 2024 konnten bisher lediglich knapp 2 Mio. Euro realisiert werden. Die Einsparsumme wird sich nach aktuellem Stand bis 2027 auf einen jährlichen Betrag von etwas mehr als 2,14 Mio. Euro steigern.

Verwaltungsseitig wird davon ausgegangen, dass die bisher umgesetzten Konsolidierungsmaßnahmen nicht ausreichen, um die finanzielle Situation der Stadt nachhaltig zu stabilisieren.

Da bereits seit 2014 über verschiedene Konsolidierungsvorschläge diskutiert wurde, sollte die Umsetzung der aktuellen Vorschläge konsequent nachverfolgt werden. Darüberhinausgehende Vorschläge sind nicht zu erwarten, sodass die Handlungsalternativen nicht zur Verfügung stehen.

Die große Diskrepanz zwischen dem zur Diskussion stehenden Betrag und den bisherigen Beschlüssen hat verschiedene Ursachen. Zum einen können einige Maßnahmen aufgrund bestehender Verträge nicht sofort umgesetzt werden, sondern erst mit zeitlicher Verzögerung. Dadurch entstehen die Konsolidierungsbeträge erst zu einem späteren Zeitpunkt. Andererseits lassen sich manche Maßnahmen nach eingehender rechtlicher Prüfung nicht umsetzen. Manche Maßnahmen wurden aus politischen Gründen nicht oder nur zu einem sehr geringen Teil beschlossen. Kompensationsmöglichkeiten für die dadurch fehlenden Einsparbeträge liegen nicht vor. Weitere Maßnahmen wie die Erhöhung der Hebesätze für Grund- oder Gewerbesteuern wurden bisher noch gar nicht diskutiert.

Zur Stabilisierung der finanziellen Situation sind weitere Entscheidungen zur Konsolidierung aus Sicht der Verwaltung zwingend geboten. Ohne eine konsequentere Umsetzung der Sparmaßnahmen erscheint es mehr als unwahrscheinlich, dass die für die Sanierung der städtischen Gebäude wie Schulen oder Sporthallen dringend benötigten Mittel in absehbarer Zeit zur Verfügung stehen.

Finanzielle Entwicklung und Cockpitbericht

Der Cockpitbericht zum 30. Juni 2024 bietet einen detaillierten Überblick über die finanzielle Lage der Stadt Wedel und zeigt die signifikanten Herausforderungen auf, denen die Stadtverwaltung gegenübersteht. Aufgrund der bevorstehenden Sommerferien wurde der Bericht ausnahmsweise direkt dem Rat vorgelegt, um eine Verzögerung von acht Wochen zu vermeiden.

Die finanzielle Situation hat sich im ersten Halbjahr 2024 dramatisch verschlechtert. Der Bericht prognostiziert ein Jahresdefizit von 3.305.100 Euro. Dies ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, die sich negativ auf die städtischen Finanzen auswirken:

1. Rückgang der Steuereinnahmen: Die wirtschaftliche Lage hat zu einem spürbaren Rückgang der erwarteten Steuereinnahmen geführt. Diese Entwicklung hat die finanzielle Planung erheblich belastet, da Steuern eine der Hauptquellen für die städtischen Einnahmen darstellen.

2. Reduzierte Zuwendungen und Umlagen: Entsprechend dem Erlass des Innenministeriums Schleswig-Holstein mussten die Erwartungen bei Zuwendungen und allgemeinen Umlagen nach unten korrigiert werden. Dies führte zu einem geringeren finanziellen Spielraum für die Stadt.

3. Sinkende Gewerbesteuereinnahmen: Die sinkenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer haben den Aufwand der Gewerbesteuerumlage reduziert, was zwar kurzfristig entlastet, aber langfristig die finanzielle Basis der Stadt schwächt.

Die Erfüllungsquote der Investitionen liegt zum Stichtag bei lediglich 28,99 %, was deutlich unter der von der Kommunalaufsicht geforderten Quote von 60 % bis Jahresende liegt. Diese niedrige Quote ist alarmierend, da sie darauf hinweist, dass geplante Investitionsprojekte nicht wie vorgesehen umgesetzt werden. Der Grund dafür sind insbesondere Verzögerungen in der Projektabwicklung und unzureichende personelle Ressourcen zur Umsetzung der Investitionsvorhaben.

In den Gesprächen mit den zuständigen Fachbereichen im Mai wurde jedoch die Einschätzung getroffen, dass die erforderliche Quote bis zum Ende des Jahres erreicht werden kann. Dies erfordert jedoch erhebliche Anstrengungen seitens der Verwaltung und eine priorisierte Bearbeitung der Investitionsprojekte.

Das prognostizierte Defizit und die geringe Investitionsquote verdeutlichen, dass die Stadt Wedel vor erheblichen finanziellen Herausforderungen steht. Die Verwaltung muss dringend Maßnahmen ergreifen, um die Investitionsquote zu erhöhen und das Defizit zu verringern. Dazu gehört eine strenge Priorisierung von Ausgaben, eine effiziente Verwaltung der Projektumsetzung und die Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen.

Die aktuelle wirtschaftliche Lage und die finanziellen Prognosen machen deutlich, dass ohne konsequente Konsolidierungsmaßnahmen die finanzielle Stabilität der Stadt gefährdet ist. Es bedarf eines umfassenden und strukturierten Ansatzes, um die finanzielle Gesundheit der Stadt wiederherzustellen und langfristig zu sichern.

Fazit

Die Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung in Wedel haben sich als langwierig und herausfordernd erwiesen. Die Stadt hat Fortschritte gemacht, steht jedoch weiterhin vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. Die Einführung von Kennzahlen und Investitionspriorisierungen soll helfen, die finanzielle Stabilität langfristig zu sichern. Die kontinuierliche Überprüfung und Anpassung der Maßnahmen bleiben entscheidend, um die Zukunftsfähigkeit der Stadt Wedel sicherzustellen.

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