Wedel Marketing e. V. steht vor einem strategischen Wandel. Künftig soll die Belebung der Innenstadt stärker in den Mittelpunkt rücken, ein Schritt, der sowohl aus städtebaulicher als auch wirtschaftlicher Perspektive nachvollziehbar ist. Die Aktivitäten des Vereins im Bereich Event, Kultur und Tourismus bleiben dabei weitgehend erhalten, werden jedoch durch gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Innenstadt ergänzt.
Ausgangspunkt für die Neuausrichtung ist eine nüchterne Analyse: Die Bahnhofstraße leidet unter zunehmendem Leerstand, das vorliegende Innenstadtentwicklungskonzept kann mangels personeller und finanzieller Ressourcen bislang weder durch die Stadt noch durch den Verein umgesetzt werden. Gleichzeitig eröffnet sich mit der AktivRegion eine realistische Fördermöglichkeit für gezielte Maßnahmen. Auch die Unterstützung durch Bürgermeisterin Julia Fisauli Aalto, Wirtschaftsförderer Manuel Baehr und lokale Sponsoren signalisiert ein tragfähiges Fundament.
Im Zentrum des neuen Konzepts steht die Schaffung einer hauptamtlichen Koordinierungsstelle, die künftig als Schnittstelle zwischen Verwaltung, Eigentümerinnen und Eigentümern, Gewerbetreibenden und weiteren Akteuren fungiert. Ziel ist es, konkrete Impulse aus dem bestehenden Entwicklungskonzept schrittweise in die Umsetzung zu bringen.
Exkurs: Warum Innenstadtentwicklung heute ein zentrales Thema ist – und wo Wedel steht
Die geplante Neuausrichtung von Wedel Marketing steht nicht allein. Viele Städte in Schleswig Holstein haben längst begonnen, ihre Innenstädte neu zu denken und gezielt aufzuwerten. Gerade Elmshorn gilt inzwischen als Vorreiter. Dort wird in neue Quartiere investiert, der öffentliche Raum neu gestaltet, das Stadtmarketing arbeitet eng mit Gewerbetreibenden zusammen, und es gibt regelmäßig Bürgerbeteiligung sowie Erfolgsmessung. Veranstaltungen wie das Lichtermeer oder das Sommerpicknick tragen zur Attraktivität der Innenstadt bei, und konkrete Vorhaben wie eine Dachterrasse mit Gastronomie oder neue Flächen rund um den Hafenbereich zeigen, wie konsequent dort an einem neuen Innenstadtbild gearbeitet wird.
Auch Pinneberg profitiert von seiner Lage und investiert in Standortentwicklung, wenngleich aktuelle Innenstadtprojekte weniger im Fokus stehen als in Elmshorn. Dennoch wird deutlich: Die Nachbarstädte sind bereits weiter, während Wedel nun die Voraussetzungen schafft, um überhaupt loslegen zu können.
Hinzu kommt der bundesweite Druck auf die Innenstädte. Der Onlinehandel verändert das Kaufverhalten, klassische Einzelhandelslagen verlieren an Relevanz, Menschen suchen in Stadtzentren heute vor allem Atmosphäre, Austausch und Qualität. Innenstädte sind nicht nur Orte des Konsums, sondern soziale Räume. Wo sie diesen Anforderungen nicht gerecht werden, verlieren sie an Bedeutung.
Stadtmarketing kann hier eine Schlüsselrolle einnehmen. Es vernetzt Akteure, bündelt Interessen und bringt strategisch abgestimmte Maßnahmen auf den Weg. Doch das gelingt nur, wenn es ausreichend Ressourcen und klare Zuständigkeiten gibt. Genau hier setzt die Neuausrichtung in Wedel an, wenn auch vergleichsweise spät.
Zurück zur Neuausrichtung in Wedel
Parallel zur Koordinierungsstelle soll mit MOIN WEDEL eine digitale Plattform entstehen, die nicht nur das wirtschaftliche Leben der Stadt sichtbarer macht, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger stärker einbindet. Anders als die bisherige Verwaltungsseite der Stadt soll diese Plattform gezielt auf Kommunikation, Beteiligung und digitale Begegnung setzen, ein Format, das vielerorts bereits erfolgreich zur Belebung des lokalen Umfelds beiträgt.
Finanziell ist die Neuausrichtung ebenfalls durchdacht. Der städtische Zuschuss steigt im Jahr 2026 auf 135.000 Euro, was rund 39 Prozent der Gesamteinnahmen entspricht. Im Gegenzug sollen die Einnahmen aus Sponsoring, Anzeigen und neuen digitalen Angeboten deutlich steigen. Die Refinanzierung der digitalen Plattform ist damit langfristig angelegt. Schon bisher gelingt es Wedel Marketing, aus einem städtischen Zuschuss von 95.000 Euro Projekte mit mehr als dem Doppelten an Gesamtvolumen zu realisieren, vor allem durch Mitgliedsbeiträge, Sponsoren und viel ehrenamtliches Engagement.
Letzteres bleibt auch künftig ein zentrales Element. Über 2.000 Stunden pro Jahr werden von Vereinsmitgliedern unentgeltlich geleistet, ein Beitrag, der sich nicht in Euro beziffern lässt, aber für das gesellschaftliche Miteinander in Wedel von unschätzbarem Wert ist. Durch die neue Plattform erhalten diese Leistungen endlich die Sichtbarkeit, die sie verdienen.
Die geplante Neuausrichtung verfolgt also keinen Bruch, sondern eine Weiterentwicklung. Wedel Marketing bleibt dem treu, was den Verein ausmacht, ergänzt um das, was die Innenstadt dringend braucht: Koordination, Sichtbarkeit und die gezielte Aktivierung vorhandener Potenziale. In Zeiten knapper öffentlicher Ressourcen erscheint dieser Schritt nicht nur plausibel, sondern notwendig.
Geplante Ratsentscheidung zur Neuausrichtung von Wedel Marketing
Thema: Neuausrichtung von Wedel Marketing e. V. im Bereich Innenstadtbelebung
Geplant ist: Eine neue Zuschussvereinbarung zwischen der Stadt Wedel und Wedel Marketing. Der jährliche Zuschuss soll für drei Jahre von 95.000 Euro auf 135.000 Euro erhöht werden. Mit dem zusätzlichen Budget sollen folgende Maßnahmen ermöglicht werden:
- Schaffung einer hauptamtlichen Koordinierungsstelle („Kümmerer“)
- Gezielte Umsetzung von Maßnahmen aus dem Innenstadtentwicklungskonzept
- Aufbau einer digitalen Plattform „MOIN WEDEL“ für Wirtschaft, Veranstaltungen und Stadtleben
Begründung der Verwaltung: Wedel Marketing kann aufgrund seiner Struktur flexibel, nah an lokalen Akteuren und mit hohem ehrenamtlichem Engagement handeln. In der Verwaltung selbst gibt es keine eigene Marketingabteilung. Ohne zusätzliche Ressourcen bliebe das Innenstadtentwicklungskonzept unverwirklicht. Die Maßnahme stärkt die lokale Wirtschaft, erhöht die Sichtbarkeit Wedels und bietet die Chance auf Fördermittel (z. B. durch die AktivRegion).
Wenn der Beschluss abgelehnt wird:
- Eine Kofinanzierung durch die AktivRegion entfällt
- Das Innenstadtentwicklungskonzept kann nicht umgesetzt werden
- Leerstände könnten sich verschärfen, Aufenthaltsqualität und Frequenz weiter sinken
- Wedel droht im Standortwettbewerb mit anderen Kommunen zurückzufallen
- Langjährige Sponsoren könnten sich zurückziehen
- In der Stadtverwaltung stehen keine alternativen Umsetzungsressourcen zur Verfügung