Fakten statt Mythen: Warum Gernot Kaser als Bürgermeister abgewählt wurde

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📝 Hinweis: Dieser Artikel ist ein Meinungsbeitrag. Er enthält persönliche Bewertungen und Einschätzungen von mir, die auf öffentlich zugänglichen Quellen, offiziellen Dokumenten der Stadt Wedel und eigenen Erfahrungen aus der kommunalpolitischen Arbeit basieren. Ziel ist eine sachliche, nachvollziehbare Aufarbeitung der politischen Abläufe rund um die Abwahl von Gernot Kaser.

Kritik und Ergänzungen sind willkommen – persönliche Angriffe oder pauschale Unterstellungen hingegen lehne ich ab. Wer zu einer differenzierten Debatte beitragen möchte, kann sich jederzeit bei mir melden.

🟡 Ein Held, der keiner war. Und ein Vertrauen, das leise zerbrach.

„Für Transparenz und gegen Filz“ – so inszenierte sich Gernot Kaser in seinem Abwahlkampf. Ein Mann im Kampf gegen das System, gegen politische Intrigen, gegen angebliche Rufmörder. Der einsame Aufklärer in einer Stadt voller dunkler Netzwerke – so wollte er gesehen werden.

Die Realität? Eine Stadtverwaltung im Ausnahmezustand. Ein Bürgermeister, der sein Team verlor, den Rat ignorierte, Kritik als Angriff sah und selbst die drängendsten Alarmsignale überhörte. Statt Selbstreflexion gab es Schuldzuweisungen. Statt Aufklärung: Inszenierung. Statt Führung: Rückzug hinter juristische Formeln.

Dieser Artikel erzählt die Geschichte eines tiefen politischen Vertrauensbruchs. Einer Abwahl, die nicht über Nacht kam – sondern über Monate heranreifte. Und eines Amtsverständnisses, das mit der Verantwortung nicht mithalten konnte.

Denn am Ende blieb nicht der Eindruck eines gestürzten Helden – sondern der einer vertanen Chance.

Ein Jahr danach – Die Gründe für Kasers Abwahl

Ein Jahr ist vergangen, seit der Rat der Stadt Wedel das Abwahlverfahren gegen den damaligen Bürgermeister Gernot Kaser eingeleitet hat. Die Abwahl ist vollzogen – doch die Debatte über die Hintergründe flammt immer wieder neu auf. Nicht selten wird dabei ein Bild gezeichnet, das den tatsächlichen Ablauf der Ereignisse verzerrt.

Dieser Artikel verfolgt kein persönliches oder parteipolitisches Interesse.
Er will sachlich dokumentieren, wie es zur Abwahl kam, auf welcher Grundlage der Rat handelte und welche Umstände das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgermeister und Stadtvertretung nachhaltig zerstörten.

Denn wer heute öffentlich die „Wiederherstellung von Reputation“ fordert, sollte auch bereit sein, sich der dokumentierten Wirklichkeit zu stellen.

Politische Aufarbeitung ist kein Akt der Abrechnung – sondern ein Dienst an der demokratischen Öffentlichkeit.
Sie lebt davon, differenziert zu argumentieren, nachvollziehbare Fakten darzustellen – und auch unangenehme Wahrheiten nicht zu verschweigen.

Um die Debatte auf eine fundierte Grundlage zu stellen, ist es zunächst wichtig, mit einem weit verbreiteten Missverständnis aufzuräumen:
der Annahme, die Abwahl sei im Wesentlichen auf Disziplinar- oder Strafverfahren zurückzuführen.

Keine Einzelfrage von Disziplinar- oder Strafverfahren

In der Öffentlichkeit wurde wiederholt der Eindruck erweckt, die Abwahl von Bürgermeister Gernot Kaser sei im Wesentlichen oder gar ausschließlich durch zwei Strafanzeigen sowie das Disziplinarverfahren des Innenministeriums motiviert gewesen. Diese Darstellung ist falsch und wird durch die offiziellen Dokumente und Veröffentlichungen in keiner Weise gestützt.

Ein Blick auf die archivierte Fassung der offiziellen Abwahlkampagnenseite12 vom 29. Mai 2024 zeigt deutlich: Die dominanten Themen waren das gestörte Vertrauensverhältnis zum Rat, das massive Führungsversagen gegenüber den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung sowie grundlegende Probleme in Kommunikation, Amtsführung und Zusammenarbeit. Hinweise auf das Disziplinarverfahren oder die Anzeigen wegen Untreue fehlen auf der Startseite vollständig.

Auch im offiziellen Flyer11 aller im Rat vertretenen Parteien werden insgesamt fünf Gründe für die Abwahl gleichrangig aufgeführt – darunter auch das Disziplinarverfahren. Es handelt sich jedoch lediglich um einen von mehreren Kritikpunkten neben fehlender Zusammenarbeit, verletztem Datenschutz, mangelnder Verwaltungskompetenz und dem durch das Führungsverhalten Kasers verursachten „Klima der Angst“ in der Stadtverwaltung​.

Die Rede8 zur Einleitung der Abwahl vom 27. März 2024, gehalten von Dagmar Süß (Bündnis 90/Die Grünen) im Namen aller Fraktionen, benennt das desolate Arbeitsklima, die systematische Missachtung der Gemeindeordnung, die Auflösung vertrauensvoller Strukturen sowie eine lange Liste organisatorischer Probleme und massiver Kommunikationsdefizite. Weder das Disziplinarverfahren noch die Anzeigen spielen in der Begründung eine zentrale Rolle​.

Auch das begleitende Papier10 mit Erläuterungen zum Positionspapier listet auf sieben Seiten zahlreiche Missstände im Führungsverhalten, der Amtsausübung, bei Datenschutz, Personalführung und Ratskommunikation auf. Das Disziplinarverfahren wird sachlich eingebettet, aber keineswegs als primäre Ursache dargestellt.

Es sollte klar sein: Für die Einleitung eines Abwahlverfahrens bedarf es weder eines rechtskräftigen Urteils noch eines abgeschlossenen oder erfolgreichen Disziplinarverfahrens13 . Maßgeblich war allein, ob das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgermeister und Rat schwer und nachhaltig gestört war. Und genau das wurde durch die breite Mehrheit im Rat – nach monatelangen Gesprächen und gescheiterten Klärungsversuchen – eindeutig festgestellt.

Die These, die Abwahl sei auf ein oder zwei Ermittlungsverfahren reduziert gewesen, ist somit nicht haltbar. Sie verkennt die Breite und Tiefe der dokumentierten Probleme – und sie wird den Begründungen von Rat und Verwaltung in keiner Weise gerecht.

Nachdem die tatsächlichen Gründe für die Abwahl aufgezeigt sind, stellt sich die Frage, wie dennoch der Eindruck entstehen konnte, Disziplinar- und Strafverfahren hätten im Mittelpunkt gestanden.

 

Wie der falsche Eindruck entstand – ein Blick auf das politische Narrativ

Doch woher stammt die hartnäckige Vorstellung, die Abwahl sei im Wesentlichen durch das Disziplinarverfahren und die Strafanzeigen motiviert gewesen? Ganz einfach: Sie wurde bewusst erzeugt.

Sowohl Gernot Kaser selbst als auch eine Reihe von lautstarken Unterstützerinnen und Unterstützern streuten diese Erzählung seit Monaten. Mit Begriffen wie wie etwa "politisch motiviert" oder der Behauptung, das Verfahren sei konstruiert,wurde immer wieder der Eindruck erweckt, es habe sich bei der Abwahl um ein reines Manöver auf Basis zweier Ermittlungsverfahren gehandelt. Dabei wurde, absichtlich oder fahrlässig, völlig ausgeblendet, was tatsächlich in den offiziellen Begründungen, Reden und Flyern dokumentiert ist.

Was hier passiert ist, kennt man aus der politischen Kommunikation: Wenn bestimmte Behauptungen oft genug wiederholt werden, setzen sie sich irgendwann fest – selbst wenn sie mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben. Wenn eine bestimmte Lesart der Ereignisse häufig genug wiederholt wird, verankert sie sich in der öffentlichen Wahrnehmung – unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt. Es ist eine Art politisches „Copy & Paste“, bei dem der ursprüngliche Kontext irgendwann verloren geht.14

So entstand ein verzerrtes Bild, das mit der Faktenlage – wie sie sich auf wedel-politik.de, im offiziellen Flyer, im Ratsstatement vom 27. März 2024 sowie in den Erläuterungen zum Positionspapier eindeutig belegen lässt – nicht übereinstimmt. Die Vielzahl struktureller und kommunikativer Mängel, das desaströse Arbeitsklima im Rathaus und der völlige Vertrauensverlust zwischen Rat und Bürgermeister waren die tragenden Gründe für die Abwahl. Und genau das wurde auch öffentlich so kommuniziert.

Wer dennoch ein anderes Bild zeichnet, schreibt nicht Geschichte – er betreibt Geschichtsklitterung.

🟦 Zwischenfazit

Die Abwahl war kein juristisches Manöver, sondern politisch und sachlich begründet.
Entgegen der verbreiteten Behauptung war die Abwahl von Gernot Kaser nicht auf laufende Disziplinar- oder Strafverfahren reduziert. Sie beruhte vielmehr auf einem tiefgreifenden Vertrauensverlust zwischen Rat und Bürgermeister, massiven Führungsproblemen, Verstößen gegen die Gemeindeordnung sowie einem desaströsen Arbeitsklima. Dass Unterstützer:innen öffentlich ein anderes Narrativ verbreiteten, ändert nichts an der klar dokumentierten Faktenlage. Wer die Abwahl ausschließlich auf Ermittlungen zurückführt, betreibt eine bewusste Verzerrung der Realität.

Nach der offiziellen Einstellung der Ermittlungsverfahren veröffentlichte Gernot Kaser auf seiner Webseite15 eine ausführliche Selbstdarstellung. Ziel: die öffentliche Wahrnehmung seiner Abwahl nachträglich zu beeinflussen. Die Seite bündelt Texte, Videos und Kommentare, die ein emotional aufgeladenes Gegen-Narrativ zur dokumentierten Faktenlage erzeugen. Diese Deutung verdient eine klare Einordnung. Denn wer Geschichte im Nachhinein uminterpretiert, betreibt kein Aufräumen – sondern bewusstes Framing.

Einordnung der Selbstdarstellung: Die Veröffentlichung auf kaser-klare-kante.de vom 28. April 2025

Am 28. April 2025 veröffentlichte Gernot Kaser auf seiner Webseite eine ausführliche Dokumentation seiner Sicht auf das Abwahlverfahren. In zahlreichen Texten, Videos und Kommentaren versucht er, den politischen und rechtlichen Verlauf neu zu deuten und seine Abwahl als Folge einer angeblich unrechtmäßigen Kampagne darzustellen. Diese Darstellung verdient eine kritische Analyse, denn sie steht in auffälligem Widerspruch zu den belegbaren Tatsachen und dokumentierten politischen Vorgängen, die letztlich zu seiner Abwahl führten.

Einordnung der Kaser-Veröffentlichung: Narrative, Methoden und Realitätsabgleich

Die umfassende Veröffentlichung von Gernot Kaser zur Aufarbeitung seiner Abwahl ist ein bemerkenswerter Schritt. Sie zeigt, dass Herr Kaser weiterhin das Bedürfnis verspürt, seine Sicht auf die Geschehnisse öffentlich darzustellen. Dieser Beitrag analysiert die Art und Weise dieser Darstellung kritisch und ordnet sie in den Gesamtzusammenhang der politischen Ereignisse ein. Denn die Diskrepanz zwischen Kasers Erzählung und der dokumentierten Faktenlage ist erheblich.

Emotion statt Sachlichkeit

In nahezu allen Texten und Videos zieht sich ein klarer Stil durch: Emotionalisierung, Dramatisierung und der wiederholte Versuch, die Vorgänge als "Kampagne" oder "rechtswidrige Verfolgung" darzustellen. Das Problem: Diese Sprachwahl erschwert eine sachliche Auseinandersetzung und lenkt davon ab, worum es im Kern ging – um einen massiven Vertrauensverlust zwischen Rat, Verwaltung und Bürgermeister.

Kasers Blick bleibt einseitig – seine eigene Rolle blendet er aus

Die Verweise auf externe Quellen beschränken sich fast ausschließlich auf Inhalte des YouTube-Kanals "Wedel-News". Dieser Kanal ist erkennbar parteiisch zugunsten von Herrn Kaser positioniert. Eine ausgewogene, unabhängige Darstellung der Ereignisse bleibt damit aus. Wer Transparenz fordert, sollte unterschiedliche Perspektiven zulassen — nicht nur die eigene Sichtweise über freundliche Medien verbreiten.

Framing als Opfer

Herr Kaser stilisiert sich durchgängig als Opfer eines politischen Komplotts. Diese Erklärung greift jedoch zu kurz. Tatsächlich basierte die politische Kritik vor allem auf seiner Amtsführung: seinem Führungsstil, gravierenden Kommunikationsproblemen, sowie einem zunehmend zerrütteten Verhältnis zu Rat und Verwaltung. Diese Gründe wurden übrigens nicht von einzelnen politischen Gegnern formuliert, sondern — wie dokumentiert — auch von Gremien wie dem Personalrat.

Wie wahrscheinlich ist eine kollektive Verschwörung?

Ein Gedanke, der in der öffentlichen Debatte bislang zu selten ausgesprochen wurde, ist dabei ebenso naheliegend wie entscheidend:
Wie realistisch ist es, dass sich hunderte von Menschen – quer durch Politik, Verwaltung, Personalrat, Zivilgesellschaft und Ehrenamt – gegen einen einzelnen Bürgermeister verschwören, nur weil dieser einen angeblich unerwünschten „frischen Wind“ bringen wollte?

Eine derart breite Ablehnung entsteht nicht aus Bequemlichkeit oder Angst vor Veränderungen. Sie ist das Ergebnis tiefgreifender Störungen im Miteinander, gebrochener Vertrauensverhältnisse und wiederholter Verletzungen im täglichen Umgang. Wer den Eindruck erweckt, es habe sich bei der Abwahl um eine konzertierte Kampagne gegen einen unbequemen Reformer gehandelt, verkennt die Realität – und spricht all jenen, die über Monate hinweg Verantwortung getragen, Konflikte benannt und Lösungen gesucht haben, pauschal unlautere Motive zu.

Gleichzeitig ist diese Darstellung auch eine Missachtung jener Menschen, die sich im Laufe der Zeit von Herrn Kaser persönlich zurückgezogen haben – weil sie sich nicht mehr wertgeschätzt, nicht gehört oder gar brüskiert fühlten. Der Vertrauensverlust war keine spontane Empörung, sondern das Ergebnis eines langen Prozesses enttäuschter Erwartungen und gescheiterter Verständigungsversuche.

Angesichts dessen wäre es eigentlich an Herrn Kaser gewesen, sich bei denjenigen zu entschuldigen, die er im Verlauf seiner Amtszeit übergangen, herabgewürdigt oder verletzt hat. Eine solche Geste ist bis heute ausgeblieben.

Dass es letztlich zur Abwahl kam, ist keine Verschwörung, sondern Folge eines über viele Monate entstandenen, massiven Vertrauensbruchs.

Beispiele für Selektivität und Verzerrung

  • Kritik des Personalrats wird als "unsachlich" abgetan, obwohl die Vorwürfe strukturelle Probleme und erhebliche Führungsschwächen belegten.
  • Die Auseinandersetzungen um die Stadtsparkasse Wedel werden als Aufdeckung großer Missstände dargestellt, obwohl diese Themen tatsächlich komplexe fiskalische Vorgänge betreffen, die bereits lange vor Kaser bestanden und nicht von einer Einzelperson gelöst werden konnten.
  • Die angebliche Ungleichbehandlung im Wahlverfahren wird überbetont, obwohl die Gerichte explizit keine schwerwiegenden Wahlfehler feststellen konnten.

Ein besonders irritierendes Beispiel ist die Behauptung, die Informationsseite der Ratsfraktionen zur Abwahl sei manipulativ oder gar rechtswidrig gewesen. Dabei wurde der Internetauftritt transparent gekennzeichnet, die Inhalte wurden belegbar mit offiziellen Dokumenten hinterlegt und die Positionen offen kommuniziert. Die Tatsache, dass diese Seite nach der Abwahl archiviert wurde, ist ein normaler Vorgang im Rahmen eines beendeten Abstimmungsverfahrens – daraus einen Skandal zu konstruieren, weil diese angeblich gelöscht wurde, ist nicht nur irreführend, sondern auch durchschaubar.

Politische Verantwortung lässt sich nicht wegkommentieren

Herr Kaser spricht sinngemäß von einem "Kampagnenjournalismus", von "verzerrten Tatsachen" und von einem "politisch motivierten Komplott". Es gab zahlreiche Gespräche, Vermittlungsversuche  – alle scheiterten. Das Vertrauen war nachhaltig zerstört. Wer sich heute pauschal als Opfer inszeniert, ohne auf die konkreten Ursachen dieser Entwicklung einzugehen, verweigert sich der politischen Verantwortung.

Gernot Kasers Veröffentlichung ist vor allem eines: ein umfangreiches, subjektives Dokument seines eigenen Blickwinkels. Es erklärt seine Perspektive, aber es ersetzt nicht die politische Verantwortung für sein Handeln. Die politische Abwahl war kein Schnellschuss, sondern das Ergebnis eines langwierigen, dokumentierten und rechtsstaatlich abgesicherten Prozesses. Sie beruhte auf realen Vorkommnissen, nicht auf Einbildung. Wer ernsthaft an politischer Aufarbeitung interessiert ist, muss bereit sein, auch die eigenen Fehler anzuerkennen – nicht nur die der anderen.

Der Versuch, im Nachhinein die politische Entscheidung von Rat und Nürgerinnen und Bürger als illegitim darzustellen, ist nicht nur inhaltlich unzutreffend, sondern auch gefährlich. Er erschwert die dringend notwendige Versachlichung der Debatte und verkennt, dass politische Verantwortung nicht juristisch abgegolten werden kann.

🟦 Zwischenfazit

Kasers Veröffentlichung ist subjektiv – aber keine Entlastung.
Die auf kaser-klare-kante.de präsentierte Darstellung der Abwahl beruht auf emotionaler Zuspitzung, selektiver Quellenwahl und einem durchgängigen Opfer-Narrativ. Sie steht im klaren Widerspruch zur dokumentierten Faktenlage, wie sie durch Rat, Personalrat und offizielle Dokumente belegt ist. Wer politische Verantwortung übernehmen will, muss auch die eigenen Fehler benennen – nicht nur die vermeintlichen der anderen. Die Abwahl war Folge eines tiefgreifenden Vertrauensverlusts, nicht einer Verschwörung.

Neben der Veröffentlichung auf kaser-klare-kante.de stützt sich Gernot Kaser in seiner Verteidigung auch auf eine externe juristische Analyse der Kanzlei Weißleder & Ewer. Doch auch diese kann die politischen Ursachen für seine Abwahl nicht entkräften.

 

Externe Gutachten und politische Verantwortung – Warum die Analyse der Kanzlei Weißleder & Ewer die Abwahl nicht entkräftet

 

Im Rahmen seiner Verteidigung gegen die politischen Vorwürfe hat Gernot Kaser eine juristische Analyse16 der Kanzlei Weißleder & Ewer vorgelegt. Dieses Gutachten vom 5. April 2023 untersucht insbesondere die Rechtmäßigkeit einzelner Verwaltungshandlungen Kasers, wie etwa die Beauftragung externer Rechtsberatung. In seiner Veröffentlichung vom 22. Mai 2024 auf kaser-klare-kante.de wird dieses Gutachten als Beleg dafür präsentiert, dass sämtliche Vorwürfe, die zum damaligen Zeitpunkt bestanden, gegen ihn unberechtigt gewesen seien.

Eine genauere Betrachtung zeigt jedoch: Externe Anwaltsgutachten sind kein Ersatz für politische Verantwortung – und sie entkräften die dokumentierten Abwahlgründe nicht.

1. Abhängigkeit vom Auftraggeber

Das Gutachten wurde von Kaser selbst in Auftrag gegeben. Kanzleigutachten verfolgen naturgemäß das Ziel, die Position ihres Mandanten bestmöglich zu stützen. Sie unterliegen keiner neutralen oder unabhängigen Prüfung und ersetzen keine objektive gerichtliche Entscheidung. Es handelt sich um eine interessengeleitete rechtliche Bewertung – nicht um ein Urteil oder eine umfassende Aufarbeitung aller relevanten Aspekte.

2. Eingeschränkter Prüfauftrag

Das Gutachten beschränkt sich auf die rechtliche Würdigung einzelner Verwaltungshandlungen und Verfahrensfragen. Es bewertet nicht das gesamte Verwaltungshandeln Kasers, nicht seinen Umgang mit dem Personalrat, nicht das Betriebsklima und nicht die nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Bürgermeister und Rat. Gerade diese Aspekte aber waren die wesentlichen Gründe für die politische Entscheidung zur Abwahl.

3. Kein Ersatz für politische Bewertung

Politische Verantwortung umfasst mehr als die rechtliche Zulässigkeit einzelner Verwaltungshandlungen. Ein Bürgermeister wird nicht nur an der Korrektheit von Verfahrensabläufen gemessen, sondern auch an seiner Führungskultur, seiner Kommunikationsfähigkeit und seiner Vertrauenswürdigkeit im Verhältnis zu Rat, Verwaltung und Öffentlichkeit. Ein juristisch entlastendes Gutachten kann politische Versäumnisse und Vertrauensbrüche nicht aufheben.

4. Selektive Darstellung durch Gernot Kaser

Die Art und Weise, wie Gernot Kaser das Gutachten der Kanzlei Weißleder & Ewer präsentiert, ist irreführend. Er erweckt den Eindruck, sämtliche Kritikpunkte an seiner Amtsführung seien damit widerlegt. Tatsächlich behandelt das Gutachten nur Ausschnitte des gesamten Konfliktfeldes. Die strukturellen Probleme seiner Amtsführung bleiben davon unberührt.

5. Politische Entscheidungen bleiben Sache demokratischer Gremien

Letztlich bleibt festzuhalten: Die Entscheidung über das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgermeister und Ratsversammlung obliegt allein den demokratisch gewählten Gremien – nicht externen Anwaltskanzleien. Der Rat der Stadt Wedel hat nach gründlicher Abwägung und auf Basis zahlreicher dokumentierter Missstände die Einleitung des Abwahlverfahrens beschlossen. Diese politische Entscheidung wird durch eine juristische Bewertung einzelner Teilaspekte nicht entwertet.

🟦 Zwischenfazit

Ein Gutachten ersetzt keine politische Verantwortung.
Die juristische Analyse der Kanzlei Weißleder & Ewer beleuchtet einzelne Verwaltungsvorgänge, kann aber die zentralen politischen Gründe für die Abwahl Gernot Kasers nicht entkräften. Politisches Führungsversagen, Vertrauensverlust und ein zerrüttetes Verhältnis zu Rat und Verwaltung lassen sich nicht durch externe Rechtsmeinungen aufheben. Die Entscheidung über einen Bürgermeister trifft nicht eine Kanzlei – sondern das demokratisch gewählte Gremium.

Trotz der umfangreichen Selbstdarstellung auf kaser-klare-kante.de bleiben die politisch relevanten Gründe für die Abwahl unverändert. Um die tatsächliche Grundlage der damaligen Entscheidung nachvollziehbar darzulegen, folgt im nächsten Abschnitt eine sachliche Zusammenfassung der dokumentierten Vorwürfe gegen Bürgermeister Kaser.

Was dem Bürgermeister vorgeworfen wurde – Die fünf Gründe für Kasers Abwahl im Überblick11

 

Am 27. März 2024 leitete der Rat der Stadt Wedel mit großer Mehrheit das Abwahlverfahren gegen Bürgermeister Gernot Kaser ein. Am Ende stimmten die Bürgerinnen und Bürger für seine Abwahl. Doch auch ein Jahr später kursieren immer wieder Behauptungen, die diese Entscheidung als ungerecht oder gar als Ergebnis „unwahrer Behauptungen“ darstellen.

Fakt ist: Die Ratsfraktionen hatten gute Gründe für ihr Handeln – und sie haben diese öffentlich und nachvollziehbar benannt. 

Disziplinarverfahren und strafrechtliche Ermittlungen

Das Innenministerium Schleswig-Holstein bestätigte im Frühjahr 2024 offiziell, dass gegen Bürgermeister Kaser ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde. Der Verdacht: Verstöße gegen die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten sowie gegen die gewissenhafte Amtsführung – insbesondere im Umgang mit Mitarbeitenden.

Zusätzlich wurden bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe zwei Strafanzeigen wegen des Verdachts der Veruntreuung eingereicht. 

Gestörte Zusammenarbeit mit dem Stadtrat

Ein wiederkehrender Kritikpunkt war das Verhalten Kasers in Ratssitzungen: passiv, ausweichend, mit fehlender Rede- und Auskunftsbereitschaft. Die Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister und Rat war laut übereinstimmender Aussage aller Fraktionen massiv gestört. Beschlüsse wurden nicht oder nur zögerlich umgesetzt, Informationen selektiv oder verspätet weitergegeben – ein besonders krasser Fall war die Nichtweitergabe der Genehmigung des Haushalts 2023 an den gesamten Rat.

Führungsstil und Betriebsklima in der Verwaltung

Laut einer anonymen Befragung unter den Verwaltungsmitarbeitenden im Herbst 2023 machten 94 % der Teilnehmenden Bürgermeister Kaser für das schlechte Klima im Rathaus verantwortlich. Der Vorwurf: ein übergriffiger, aggressiver Führungsstil, Einschüchterung, Missachtung der Mitbestimmungsrechte des Personalrats. Anstatt auf Kritik konstruktiv zu reagieren, soll Kaser die Ergebnisse kleingeredet haben – eine Führungskultur, die dem Anspruch einer demokratisch geführten Verwaltung widerspricht.

Fehlende Transparenz und problematischer Umgang mit der Presse

Kritik kam auch von außen: Journalistinnen und Journalisten beklagten wiederholt die fehlende Auskunftsbereitschaft der Stadtspitze. Fragen blieben unbeantwortet, kritische Berichte wurden auf Social Media gekontert, statt inhaltlich eingeordnet. Auch intern stellte sich heraus: Kaser beanspruchte für sich Erfolge, die er nicht selbst initiiert hatte – etwa bei der Haushaltskonsolidierung.

Fachliche Mängel und Missachtung von Vertraulichkeit

Auch inhaltlich und fachlich offenbarte sich ein bedenkliches Bild: Kaser veröffentlichte personenbezogene Daten Dritter in sozialen Netzwerken, leitete vertrauliche E-Mails unzulässig weiter und zeigte grundlegende Unkenntnis parlamentarischer Abläufe. Besonders gravierend war die Preisgabe interner Informationen zur Kita „Kleine Strolche“, ohne Rücksprache mit den Betroffenen.

Einer der fünf Vorwürfe war das Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister Kaser. Ein genauer Blick auf den Verlauf und die Bewertung dieses Verfahrens zeigt, wie ernst die Vorwürfe tatsächlich waren.

Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister Kaser

 

Gegen Bürgermeister Gernot Kaser lief seit dem 29. Februar 2024 ein Disziplinarverfahren. Eingeleitet wurde es durch die Kommunalaufsicht des schleswig-holsteinischen Innenministeriums, nachdem eine Reihe dienstrechtlich relevanter Vorfälle aus dem Wedeler Rathaus an das Ministerium gemeldet worden waren. Seitdem mehrten sich öffentliche und mediale Hinweise darauf, dass es sich nicht nur um vereinzelte, sondern um strukturelle Probleme in der Amtsführung handelt.

Als Mitglied des Wedeler Stadtrats hatte ich Einsicht in die Unterlagen, die der Kommunalaufsicht zur Prüfung übergeben wurden. Auf Grundlage dieser Dokumente sowie der vorliegenden Berichterstattung ergibt sich ein klares Bild: Die Vorwürfe sind dokumentiert, vielfach belegt und glaubwürdig.

 

Was die Zeitungen berichten

SHZ vom 15. März 20241

Das Wedel-Schulauer Tageblatt berichtete unter der Überschrift „Disziplinarverfahren gegen Wedels Bürgermeister Gernot Kaser eingeleitet“ erstmals offiziell über das Verfahren. Dabei wurde auf Aussagen aus dem Innenministerium verwiesen, wonach ein mögliches Dienstvergehen vorliege. Konkret wird der Verdacht genannt, Kaser habe gegen seine Pflicht zu achtsamem, vertrauenswürdigem Verhalten sowie zu gewissenhafter Amtsführung verstoßen.

Auch der Hintergrund wird skizziert: Bereits zuvor sei in der Verwaltung ein „düsteres Bild“ von Kaser gezeichnet worden – etwa durch eine Mitarbeiterbefragung, deren Ergebnisse der Verwaltungsspitze interne Kritik einbrachten. Das Blatt verwies zudem auf mögliche Abwanderungstendenzen beim Personal und stellte die Frage nach der Handlungsfähigkeit der Verwaltung.

Hamburger Abendblatt vom 28. April 20242

In einem ausführlichen Artikel mit dem Titel „Disziplinarverfahren gegen Kaser: Vorwürfe wiegen schwer“ konkretisierte das Abendblatt weitere Inhalte. Unter Berufung auf politische Quellen, Ratsbeschlüsse und Rückmeldungen aus der Verwaltung wird ein vielschichtiges Fehlverhalten beschrieben:

  • Kaser habe versucht, einen kritischen Beitrag in einer Mitarbeiterzeitung zu unterbinden, was intern für Irritationen sorgte.
  • Die Stadt habe die Zusammenarbeit mit einer Beratungsfirma auf Eis gelegt, nachdem der Bürgermeister Einfluss auf den Bericht nehmen wollte.
  • Die Rückforderung von Anwaltskosten durch den Stadtrat wurde ebenfalls thematisiert – mit dem Hinweis, dass Kaser diese Kosten ohne politische Rückendeckung für persönliche Interessen geltend gemacht habe.
  • Der Artikel zitiert auch die Tatsache, dass es eine Strafanzeige wegen des Verdachts auf Untreue gegen Kaser gibt.

Beide Berichte zeigen übereinstimmend: Die Kritik an Kaser ist nicht Ergebnis parteipolitischer Auseinandersetzungen, sondern resultiert aus dokumentierten Verwaltungsvorgängen, Rückmeldungen von Mitarbeitenden und formellen Entscheidungen des Stadtrats.

 

Wie glaubwürdig ist der Bericht im Abendblatt?

Quellenlage und journalistische Sorgfalt

Der Artikel stützt sich auf vertrauliche Unterlagen, die der Redaktion nach eigenen Angaben exklusiv vorlagen. Dazu zählen unter anderem Schriftwechsel zwischen dem Innenministerium und der Stadtpolitik, nicht-öffentliche Ratsbeschlüsse sowie eine Beschreibung des Verfahrensgegenstands. Zusätzlich werden konkrete Vorwürfe benannt – darunter der Versuch, einen Mitarbeitenden zu einer rechtswidrigen Unterschrift zu drängen, sowie die Rückforderung von Geldern für extern vergebene Beratungsleistungen.

Das Abendblatt stellte dem Bürgermeister Gelegenheit zur Stellungnahme – eine Einladung, die dieser nicht nutzte. Stattdessen äußerte er sich später über Facebook, bestätigte dabei indirekt die Existenz der Unterlagen, vermied jedoch jede inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorwürfen.

Einschätzung der Glaubwürdigkeit

 

Das Hamburger Abendblatt ist ein etabliertes regionales Medium mit professionellen Recherchestrukturen. Der Artikel ist detailliert, konkret und in einem sachlichen Ton gehalten – ohne Vorverurteilung. Die Redaktion macht transparent, auf welche Informationen sie sich stützt, und verweist auf konkrete Vorgänge und beteiligte Stellen (Innenministerium, Stadt Wedel, Staatsanwaltschaft).

Natürlich bleibt bei jeder Berichterstattung über vertrauliche Vorgänge eine gewisse Unschärfe – insbesondere, wenn nur eine Seite der Geschichte öffentlich dargestellt werden kann. Auch etablierte Medien sind nicht unfehlbar. Dennoch sprechen in diesem Fall die strukturierte Aufarbeitung, die dokumentierte Quellenlage und die sorgfältige journalistische Arbeitsweise klar für eine hohe Glaubwürdigkeit des Berichts.

 

Einschätzung zur Glaubwürdigkeit der Vorwürfe insgesamt

Nach allem, was in den Akten steht und was wir als Ratsmitglieder über viele Monate erlebt haben, bleibt für mich klar:

  • Die Vorwürfe gegen Bürgermeister Kaser erscheinen nicht konstruiert, sondern beruhen auf nachvollziehbaren, schriftlich belegten Vorgängen.
  • Es handelt sich nicht um politische Auseinandersetzungen, sondern um strukturelle Probleme im Verwaltungshandeln.

Wie ist die Einstellung des Verfahrens zu bewerten?

Am 22. April 2025 veröffentlichte Gernot Kaser eine ausführliche Presseerklärung3 , in der er sich auf die Einstellung sowohl des gegen ihn geführten Disziplinarverfahrens als auch des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bezieht. Er stellt darin fest: „Sämtliche disziplinar- und strafrechtlichen Vorwürfe gegen mich sind vollständig ausgeräumt.“ Die Einstellung des Disziplinarverfahrens erfolgte laut Kaser gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 4 LDG SH. In einem Punkt – dem Umgang mit einer anwaltlichen Anfrage – wurde laut Kaser eine Pflichtwidrigkeit festgestellt, allerdings lediglich in fahrlässiger Form, ohne vorsätzliches oder grob pflichtwidriges Verhalten.

Was bedeutet das juristisch?

Die Einstellung eines Disziplinarverfahrens bedeutet nicht automatisch, dass keine Vorfälle stattgefunden haben. Vielmehr stellt die Disziplinarbehörde in solchen Fällen fest, dass die vorgeworfenen Verhaltensweisen entweder nicht ausreichend bewiesen werden konnten, nicht schwerwiegend genug waren oder kein dienstrechtliches Interesse an einer Sanktion bestand. Auch bei Feststellung einer Pflichtverletzung – wie im Fall Kaser – kann eine Einstellung erfolgen, wenn die Bewertung ergibt, dass der Vorfall nicht sanktionswürdig ist. So wurde in Kasers Fall eine fahrlässige Pflichtwidrigkeit festgestellt.

Keine öffentliche Bewertung durch das Ministerium

Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Das Innenministerium Schleswig-Holstein veröffentlicht grundsätzlich keine Details zu Disziplinarverfahren – weder zur Einleitung noch zum Ergebnis. Die Einschätzung von Kaser in seiner Presseerklärung stellt somit seine eigene Sichtweise dar. Eine objektive, behördlich abgesicherte Bewertung in der Öffentlichkeit gibt es aufgrund des Persönlichkeitsschutzes nicht.

Fazit: Was bleibt

Die von Kaser veröffentlichte Interpretation der Ereignisse ist sein gutes Recht – sie ersetzt aber keine neutrale oder vollständige Bewertung der tatsächlichen Vorfälle. Die Einstellung des Disziplinarverfahrens heißt nicht, dass nichts vorgefallen ist. Vielmehr bleibt festzuhalten:

  • Ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet, weil konkrete Hinweise auf dienstpflichtwidriges Verhalten vorlagen.
  • Mindestens eine fahrlässige Pflichtwidrigkeit wurde festgestellt.
  • Die übrigen Vorwürfe führten nicht zu einer Sanktion – wurden aber damit nicht zwangsläufig als unberechtigt bewertet.
  • Die rechtliche Bewertung steht nicht über der politischen oder moralischen Einschätzung des Verwaltungshandelns.

Die in Kasers Presseerklärung vorgenommene Generalabsage an die Ratsversammlung und deren Motive verkennt dabei, dass ein solches Verfahren ohne ernstzunehmende Vorwürfe gar nicht eingeleitet worden wäre. Der Ausgang des Verfahrens ändert nichts an der Tatsache, dass das Vertrauen zwischen Bürgermeister und Ratsversammlung in dieser Zeit nachhaltig erschüttert war – und damit die politische Legitimation seiner Amtsführung massiv beschädigt wurde.

 

Kommentar zur Presseerklärung von Gernot Kaser: Zwischen juristischer Bewertung und politischer Wirklichkeit

In seiner Presseerklärung vom 22. April 20253 spricht Gernot Kaser von einer „vollständigen Entlastung“ nach einem Jahr öffentlicher Kritik und Ermittlungen. Wer die Erklärung liest, könnte meinen, es habe nie ernstzunehmende Vorwürfe gegeben – alles sei bloß ein politisch motivierter Angriff gewesen. Doch ein genauerer Blick auf die Formulierungen und das, was nicht gesagt wird, zeigt ein anderes Bild.

Zunächst das Offensichtliche: Ja, das Disziplinarverfahren wurde eingestellt. Und ja, auch das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wurde beendet – ohne Anklage. Das ist für Kaser zweifellos eine Erleichterung. Aber daraus eine pauschale Rehabilitierung zu machen, ist rechtlich nicht korrekt und politisch fragwürdig. Eine Einstellung heißt nicht automatisch: „Da war nichts.“ Sie heißt nur: Kein strafbares oder disziplinarisch ahndbares Verhalten.

Kaser listet eine ganze Reihe von Themen auf, die geprüft worden seien – von Aktenvernichtungen über Personalentscheidungen bis hin zu Kommunikationsstrukturen und dem Umgang mit Beratern. Er betont, dass keiner dieser Punkte eine disziplinarische Konsequenz nach sich gezogen hat. Das stimmt formal. Aber es heißt eben auch: All diese Vorgänge waren relevant genug, um in einem offiziellen Disziplinarverfahren geprüft zu werden. 

Dass Kaser diesen Vertrauensverlust nun ausschließlich als ungerechtfertigte Kampagne darstellt, wirkt wie eine politische Selbstentlastung. Dabei blendet er aus, dass die Ratsversammlung, nicht aus Jux und Dollerei, sondern auf Basis konkreter Hinweise, die durch Verwaltung, Öffentlichkeit und Presse bekannt wurden.

Auch die Tatsache, dass eine Pflichtverletzung festgestellt wurde, wenn auch nur in fahrlässiger Form, wird rhetorisch abgeschwächt.

Vor allem aber fehlt in der Erklärung jede Form der Selbstreflexion. Kein Wort dazu, ob es Versäumnisse im Umgang mit der Ratsversammlung gab. Kein Eingeständnis dafür, dass Kommunikationsprobleme, Führungskultur oder mangelnde Transparenz zum politischen Bruch beigetragen haben könnten. Stattdessen wird aus juristischen Entscheidungen ein politischer Freispruch abgeleitet – das greift zu kurz.

Am Ende bleibt der Eindruck: Die juristischen Verfahren mögen beendet sein. Die politische Frage, warum es überhaupt so weit kommen konnte, bleibt offen. Und wer glaubt, mit ein paar juristischen Formeln sei das Vertrauen wiederhergestellt, verkennt die Realität.

Fehlende Transparenz trotz gegenteiliger Versprechen

Ein weiteres Beispiel, das das bereits gestörte Vertrauensverhältnis zwischen Politik und Bürgermeister bestätigt, ist der Umgang von Herrn Kaser mit dem Schreiben der Kommunalaufsicht zur Einstellung des aufsichtsrechtlichen Verfahrens. Obwohl er öffentlich regelmäßig „größtmögliche Transparenz“ einfordert und für sich reklamiert, behält er dieses zentrale Dokument bislang für sich.

Rechtlich wäre eine Veröffentlichung durch ihn durchaus möglich – sofern personenbezogene Daten Dritter, etwa von Verwaltungsmitarbeitenden, zuvor geschwärzt würden. Für ihn selbst bestehen keine besonderen Geheimhaltungspflichten. Es wäre also eine einfache Gelegenheit gewesen, seinen eigenen Transparenzanspruch glaubhaft einzulösen.

Gerade weil Herr Kaser in der Vergangenheit bereits gezeigt hat, dass er bereit ist, interne Dokumente zu veröffentlichen, wenn sie seiner Verteidigung dienen, wirkt das jetzige Schweigen umso bemerkenswerter. Statt Klarheit zu schaffen, bleibt es bei einer einseitigen Interpretation in einer Pressemitteilung. Diese Form der selektiven Informationssteuerung ist Ausdruck genau jener Intransparenz, die viele in Politik und Verwaltung über Monate hinweg kritisiert haben – und die letztlich zur Abwahl geführt hat.

🟦 Zwischenfazit

Ein eingestelltes Verfahren ist keine Entlastung – und ersetzt kein Vertrauen.
Das Disziplinarverfahren gegen Gernot Kaser wurde aus formalen Gründen eingestellt – nicht, weil alle Vorwürfe entkräftet wurden. Mindestens eine Pflichtverletzung wurde festgestellt, weitere wurden geprüft. Die Einleitung des Verfahrens war Ausdruck massiven Misstrauens, nicht politischer Willkür. Wer heute von „vollständiger Entlastung“ spricht, ignoriert die dokumentierten Probleme – und verkennt, dass politisches Vertrauen mehr erfordert als juristische Entlastung.

Neben dem Disziplinarverfahren sorgten auch zwei Strafanzeigen wegen des Verdachts der Untreue für öffentliche Diskussionen. Ein Blick auf die juristische Bewertung zeigt, was eine Einstellung der Verfahren tatsächlich bedeutet – und was nicht.

 Was bedeutet es, wenn der Verdacht der Untreue nicht nachweisbar ist?

Eine sachliche Einordnung

Gegen den ehemaligen Wedeler Bürgermeister Gernot Kaser wurden 2024 zwei Strafanzeigen wegen des Verdachts der Untreue (§ 266 StGB) gestellt. Beide Verfahren wurden im Frühjahr 2025 von der Staatsanwaltschaft Itzehoe eingestellt19 – mit der Begründung, dass ein strafbares Verhalten nicht nachweisbar sei.

Doch was bedeutet diese Formulierung konkret – juristisch, politisch und gesellschaftlich?

Der Hintergrund: Die beiden Verfahren

Die erste Anzeige wurde am 5. April 2024 vom damaligen stellvertretenden Bürgermeister Tobias Kiwitt (Grüne) erstattet. Die zweite Anzeige kam von einem Bürger.

Die Staatsanwaltschaft Itzehoe prüfte beide Vorwürfe ausführlich. Laut Oberstaatsanwalt Peter Müller-Rakow habe man „umfangreiche Ermittlungen“ durchgeführt. Am Ende sei jedoch nicht nachweisbar gewesen, dass Kaser bewusst ohne Befugnis gehandelt oder dass der Stadt dadurch ein Schaden entstanden sei.

Was heißt „nicht nachweisbar“ konkret?

  • „Nicht nachweisbar“ bedeutet nicht, dass nichts geschehen ist, sondern dass die Beweislage für eine Anklage nicht ausreicht.
  • Fehlerhaftes oder fragwürdiges Verhalten kann vorliegen – doch der strafrechtlich notwendige Nachweis von Vorsatz oder Schaden fehlt.
  • Es handelt sich dabei nicht um einen „Freispruch“, sondern um eine Einstellung mangels ausreichender Beweise.

Was braucht es, um Untreue nachzuweisen?

Der Straftatbestand der Untreue (§ 266 StGB)5 ist anspruchsvoll und setzt sechs wesentliche Voraussetzungen voraus:

  1. Ein Treueverhältnis – Der Beschuldigte muss eine Vermögensbetreuungspflicht haben, etwa als Amtsträger.
  2. Pflichtverletzung – Es muss eine Pflichtverletzung vorliegen, zum Beispiel durch unzulässige Ausgaben.
  3. Vermögensnachteil – Die Stadt muss durch die Handlung finanziell geschädigt worden sein.
  4. Vorsatz – Der Beschuldigte muss wissentlich und willentlich gehandelt haben.
  5. Beweisführung – Diese Elemente müssen durch Dokumente, Aussagen und Gutachten gerichtsfest belegt sein.
  6. Zivilrechtliche Bewertung – Auch die zivilrechtliche Zulässigkeit bestimmter Handlungen spielt eine Rolle.

Fehlt eines dieser Elemente oder bestehen Zweifel – etwa am Vorsatz –, stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren in der Regel ein.

Die Bewertung aus Sicht der Ratsarbeit

Als Mitglied des Rates der Stadt Wedel hatte ich Einsicht in die Unterlagen, die dem Untreuvorwurf zu grunde liegen. Die dort enthaltenen Sachverhalte belegen aus meiner Sicht ein systematisches Fehlverhalten, insbesondere in Bezug auf das Auftragswesen, das interne Verhalten und die Kommunikation des Bürgermeisters mit Mitarbeitenden.

Die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft keinen strafrechtlich relevanten Vorsatz nachweisen konnte, ändert nichts daran, dass diese Vorgänge ernstzunehmende Verstöße gegen verwaltungsinterne und dienstrechtliche Vorgaben darstellen.

Warum ist der Nachweis von Untreue so schwierig?

  • Weil Vorsatz ein subjektives Merkmal ist: Man muss nicht nur wissen, was jemand getan hat, sondern auch, was er dachte.
  • Weil Verwaltungsvorgänge komplex sind: Viele Entscheidungen entstehen im Zusammenspiel mehrerer Akteure.
  • Weil nicht jede problematische Entscheidung automatisch einen strafbaren Schaden verursacht.

Fazit: Einstellung heißt nicht Entlastung

Die Einstellung eines Strafverfahrens wegen Untreue bedeutet:

  • Kein hinreichender Tatverdacht – aber nicht zwingend Unschuld.
  • Keine strafrechtlichen Folgen – aber mögliche politische, disziplinarische oder moralische Bewertungen bleiben bestehen.
  • Hohe Beweislast schützt vor Willkür – kann aber dazu führen, dass selbst gravierende Pflichtverstöße ohne strafrechtliche Konsequenz bleiben.

Rechtliche Verfahren und politische Verantwortung sind klar zu trennen. Die Einstellung eines Strafverfahrens schützt den Beschuldigten vor einer strafrechtlichen Verurteilung, entbindet ihn aber nicht von der politischen oder moralischen Bewertung seines Handelns durch die Öffentlichkeit und die politischen Gremien.

Für eine funktionierende Demokratie bleibt es entscheidend, Verwaltungshandeln kritisch zu begleiten, Aufklärung einzufordern und nicht nur auf strafrechtliche, sondern auch auf politische Verantwortung zu achten.

Was wäre gewesen, wenn man nichts getan hätte?17

Was passiert, wenn Verdachtsmomente wegen möglicher Untreue nicht ernst genommen werden, zeigt aktuell ein Blick in die saarländische Gemeinde Namborn. Dort hatte es bereits früh anonyme Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gegeben – unter anderem soll ein Mitarbeiter des Bauamts Gemeindeaufträge an seine eigene Firma vergeben haben. Doch statt den Verdacht sofort an externe Stellen zu übergeben, wurde zunächst intern geprüft, erst später eine Kanzlei beauftragt – und erst auf öffentlichen Druck hin die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Heute befassen sich neben der Justiz auch die Kommunalaufsicht und das Innenministerium mit dem Fall. Der Vorwurf: mutmaßliche Untreue, Korruption, In-Sich-Geschäfte – und möglicherweise das bewusste Wegsehen durch politische Verantwortungsträger.

Ob sich all diese Vorwürfe am Ende bestätigen, ist noch offen. Aber schon jetzt ist klar: Der politische und moralische Schaden ist enorm. Vertrauen ist verloren gegangen – nicht nur in einzelne Personen, sondern in die Integrität der Verwaltung insgesamt.

Natürlich ist Wedel nicht Namborn – und Gernot Kaser ist nicht der Namborner Mitarbeiter. Aber der Fall zeigt: Wegsehen, Zögern oder Beschwichtigen kann fatale Folgen haben. Es war richtig, den Verdacht in Wedel offen anzusprechen und an die zuständigen Stellen weiterzugeben. Transparenz schützt nicht nur das Gemeinwesen – sie schützt auch die Verwaltung selbst vor dem Vorwurf, geschwiegen zu haben, als es etwas zu sagen gab.

🟦 Zwischenfazit

„Nicht nachweisbar“ ist kein Freispruch – und kein Freibrief.
Die Einstellung der Untreue-Verfahren gegen Gernot Kaser bedeutet nicht, dass alle Vorwürfe haltlos waren – sondern nur, dass die Beweise für eine strafrechtliche Verurteilung nicht ausreichten. Politisch und moralisch bleibt das Verhalten bewertbar. Gerade in öffentlichen Ämtern zählt nicht nur, was juristisch verboten ist, sondern auch, was dem Vertrauen in gute Amtsführung gerecht wird.

Führungsstil und Betriebsklima als zentraler Grund für die Abwahl

Die Einleitung des Abwahlverfahrens gegen Bürgermeister Gernot Kaser war erforderlich, da das Vertrauen in seine Führungskompetenz und seine Fähigkeit, die Verwaltung nachhaltig und konstruktiv zu leiten, endgültig verloren gegangen war. Dies verdeutlicht insbesondere die interne Mitarbeiterbefragung vom Herbst 20236 :

In einer anonym durchgeführten Befragung unter den Mitarbeitenden der Verwaltung nahmen insgesamt 205 Beschäftigte teil. Besonders alarmierend war, dass 93 % der Mitarbeitenden im Rathaus angaben, dass sich das allgemeine Betriebsklima deutlich verschlechtert habe. Von denjenigen, die eine „sehr starke Verschlechterung“ wahrnahmen, machten 94 % der Befragten Rathausmitarbeiter explizit den Bürgermeister als Hauptverantwortlichen aus.

Diese Situation wirkte sich nachhaltig negativ auf die Arbeitsatmosphäre, das Miteinander im Team und die gesamte Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung aus. Die daraus resultierende Verunsicherung, Frustration und Demotivation gefährdete nicht nur das individuelle Wohlbefinden der Beschäftigten, sondern auch die Effizienz und Funktionsfähigkeit der Verwaltung insgesamt. Besonders kritisch war, dass 40 % der Mitarbeitenden bereits konkrete Überlegungen für einen Arbeitsplatzwechsel hegten. Dieser Wert liegt deutlich über dem Branchendurchschnitt und hätte langfristig erhebliche personelle und fachliche Risiken für die Stadtverwaltung bedeutet hätte.

Obwohl die Umfrage des Personalrats der Stadt Wedel kleine methodische Schwächen aufweist, ist sie, meiner Meinung nach, grundsätzlich als glaubhaft einzustufen. Die Ergebnisse lieferten wertvolle Einblicke in die Stimmung und die Herausforderungen innerhalb der Stadtverwaltung. Insbesondere die deutlichen Hinweise auf Verbesserungspotenzial in den Bereichen Führung und Kommunikation hätten vom damaligen Bürgermeister ernst genommen und als Ausgangspunkt für gezielte Maßnahmen genutzt werden müssen. Eine detailliertere Analyse und qualitative Ergänzungen hätten die Aussagekraft der Ergebnisse weiter erhöhen können.

Die Reaktion von Bürgermeister Kaser18 auf diese dramatischen Befunde war jedoch keineswegs konstruktiv. Anstatt Verantwortung für die Missstände zu übernehmen und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung seiner eigenen Führungspraxis einzuleiten, nutzte er die Veröffentlichung der Umfrageergebnisse am 23. November 2023, um sich öffentlich ahnungslos zu zeigen und die Verantwortung auf andere Ebenen der Verwaltung abzuwälzen. Mit der Behauptung, niemand außer ihm würde sich für die Gründe der Probleme interessieren, vermittelte er der Öffentlichkeit bewusst ein falsches Bild und missbrauchte die Vertraulichkeit der Umfragedetails zu seinem eigenen Vorteil.

Die von ihm geäußerten, detaillierten Nachfragen an die Mitarbeitenden suggerierten Aktivität und Problembewusstsein, dienten jedoch primär dazu, von seiner eigenen Rolle als Auslöser der gravierenden Missstände abzulenken. In der Realität folgten seinen öffentlichen Bekenntnissen zu Veränderung und Dialog keine sichtbaren Taten. Die angekündigte Zusammenarbeit mit dem Personalrat blieb ein leeres Versprechen, wodurch sich das Misstrauen und die Frustration innerhalb der Verwaltung weiter verstärkten.

Zusammenfassend war Bürgermeister Kasers Verhalten geprägt von mangelnder Selbstreflexion, fehlender Verantwortungsübernahme und einem destruktiven Umgang mit berechtigter Kritik. Dies führte letztlich zu einer irreversiblen Vertrauenskrise, welche die Einleitung eines Abwahlverfahrens zwingend notwendig machte, um weiteren Schaden von der Verwaltung und der gesamten Stadt Wedel abzuwenden.

Stellungnahme des Personalrats7

Auch die Stellungnahme des Personalrats der Stadt Wedel zum Abwahlverfahren verdeutlicht die schweren Vorwürfe gegenüber Bürgermeister Kaser. Der Personalrat bestätigte die Ergebnisse der Umfrage ausdrücklich und ergänzte diese durch zahlreiche konkrete Beispiele. Demnach seien Mitarbeitende regelmäßig Einschüchterungen, herabwürdigenden E-Mails und unangemessenen Eingriffen in ihre Arbeitszeit ausgesetzt gewesen. Besonders gravierend war der Bericht über Mitarbeitende, die sich nicht mehr trauten, allein mit dem Bürgermeister zu sprechen und daher um Zeugen baten.

Der Personalrat kritisierte zudem, dass Bürgermeister Kaser wiederholt gesetzliche Vorschriften missachtet habe, insbesondere bei der Mitbestimmung des Personalrats und der Einhaltung von Abläufen in der Verwaltung. Dies habe zu zusätzlicher Mehrarbeit, Frustration und einer erheblichen Belastung der Mitarbeitenden geführt. Auch organisatorische Entscheidungen wurden ohne vorherige Abstimmung getroffen, was zu Unsicherheit und erheblichem Mehraufwand führte.

Abschließend warnte der Personalrat vor gravierenden langfristigen Schäden für die Stadt Wedel, sollten diese Zustände andauern. Eine hohe Mitarbeiterfluktuation und erhebliche Einbußen bei der Leistungsfähigkeit der Verwaltung wurden als wahrscheinliche Konsequenzen benannt. Die Stellungnahme des Personalrats bestärkte somit eindrucksvoll die Notwendigkeit, das Abwahlverfahren einzuleiten, um weiteren Schaden abzuwenden.

🟦 Zwischenfazit

Ein Bürgermeister, dem die Mitarbeitenden nicht mehr vertrauen, hat seine Führungsaufgabe verloren.
Die Ergebnisse der anonymen Mitarbeiterbefragung und die klare Stellungnahme des Personalrats belegen massive Führungsdefizite, ein toxisches Betriebsklima und tiefgreifendes Misstrauen gegenüber Gernot Kaser. Seine Reaktion war ausweichend, seine Verantwortungslosigkeit offensichtlich. Die politische Konsequenz – das Abwahlverfahren – war daher unausweichlich, um weiteren Schaden von Verwaltung und Stadtgesellschaft abzuwenden.

Nachdem der Rat der Stadt Wedel das Abwahlverfahren gegen Gernot Kaser eingeleitet hatte, stand der Bürgermeister vor der Herausforderung, die Bürgerinnen und Bürger erneut von sich zu überzeugen. Statt auf Versöhnung oder Zukunftspläne zu setzen, wählte er jedoch eine andere Strategie: Er versuchte, sich über eine aggressive Wahlkampfkampagne gegen die Vorwürfe zu verteidigen und seine Gegner anzugreifen. Aus meiner Sicht war dieser Kurs ein entscheidender Fehler, der maßgeblich zu seiner späteren Abwahl beitrug.

Der falsche Kurs: Kasers Strategie vor der Abwahl

Ein Wahlkampf auf Konfrontation angelegt

Aus meiner Sicht war der Wahlkampf von Gernot Kaser vor dem Abwahlentscheid von Anfang an der falsche Weg. Statt um Vertrauen zu werben, wählte er auf seiner Website „kaser-klare-kante.de“ einen durchgehend konfrontativen Kurs. Er inszenierte sich als Opfer einer politischen Intrige und stellte Rat, Verwaltung und Teile der Stadtgesellschaft in ein schlechtes Licht. Wer sich seine Erklärungen genauer ansah, merkte schnell: Eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Kritikpunkten fand kaum statt. Stattdessen wurde permanent von „Filz“, „Vetternwirtschaft“ und „Kampagnen“ gegen ihn gesprochen. Gleichzeitig dominierte ein juristisch überladener Stil, der eher abschreckte als überzeugte.

Ich finde: Gerade in einer Abwahlsituation hätte Kaser Vertrauen aufbauen müssen. Er hätte eigene Fehler ehrlich einräumen, auf die Bürger zugehen und einen Plan für einen gemeinsamen Neuanfang präsentieren müssen. Stattdessen hat er die Gräben weiter vertieft, sich immer mehr als Einzelkämpfer dargestellt und die Menschen mit immer neuen Schuldzuweisungen gegen den Rat, die Verwaltung und die Presse konfrontiert. Auch seine juristischen Erklärungen und seine wiederholte Betonung der Unschuldsvermutung wirkten irgendwann eher wie Rechtfertigungen als wie der Entwurf einer positiven Zukunft für seine weitere Amtszeit.

Warum diese Strategie nicht überzeugen konnte

Rückblickend kann ich nur sagen: Diese Strategie war in seiner Situation vollkommen ungeeignet. In einer Abwahlsituation erwarten die Menschen von einem Bürgermeister, dass er Brücken baut, nicht dass er die bestehenden Gräben noch vertieft. Ein Wahlkampf, der fast ausschließlich auf Selbstverteidigung und Schuldzuweisungen setzt, wirkt auf viele Bürger nicht wie Führung, sondern wie Trotz. Statt mit einer positiven Vision für Wedel aufzutreten, war Kasers Kampagne von der ständigen Wiederholung geprägt, wie schlecht er behandelt worden sei. So konnte er allenfalls seine eigene Anhängerschaft mobilisieren – neue Sympathien zu gewinnen, war mit diesem Kurs praktisch unmöglich.

🟦 Zwischenfazit

Selbstverteidigung ersetzt keine Zukunftsvision – und keine Führungsstärke.
Gernot Kasers konfrontative Wahlkampfstrategie nach Einleitung des Abwahlverfahrens war ein schwerer Fehler. Statt Vertrauen zurückzugewinnen, setzte er auf Schuldzuweisungen, juristische Argumentation und Opfer-Inszenierung. Damit vertiefte er die Gräben in der Stadtgesellschaft – und verpasste die Chance, sich als verantwortungsbereiter Bürgermeister mit Blick nach vorn zu präsentieren.

Politische Verantwortung bleibt – unabhängig von juristischen Ergebnissen

Auch wenn am Ende keine strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Sanktionen erfolgte : Die Verantwortung für das desolate Betriebsklima, die massiven Führungsprobleme und die gestörte Zusammenarbeit mit dem Rat bleibt bestehen. Eine politische Führungsfunktion erfordert nicht nur Rechtskonformität, sondern auch Integrität, Kommunikationsfähigkeit und eine vertrauensvolle, respektvolle Leitungskultur. Gerade in einer Stadtverwaltung, die für das Wohl aller Bürgerinnen und Bürger arbeitet, sind diese Anforderungen unverzichtbar.

Die Abwahl von Bürgermeister Gernot Kaser war daher kein „Rufmord“, wie von einigen Unterstützern behauptet wird. Der Begriff „Rufmord“ setzt gezielte, wider besseres Wissen gestreute Unwahrheiten voraus. Im Fall von Kaser hingegen beruhten die kritisierten Vorgänge auf dokumentierten Sachverhalten, internen Beschwerden, einer formellen Mitarbeiterbefragung und öffentlichen Ratsentscheidungen. Der Vorwurf des Rufmords entbehrt deshalb jeder Grundlage.

Die demokratische Legitimation der Abwahl

Ebenso wichtig ist es, die demokratische Qualität des Verfahrens zu betonen: Die Abwahl erfolgte nicht durch einen politischen Alleingang, sondern im Rahmen eines klar gesetzlich geregelten Prozesses. Der Rat der Stadt Wedel leitete das Verfahren auf Basis konkreter Missstände ein. Die Bürgerinnen und Bürger bestätigten diese Entscheidung schließlich in einer freien, demokratischen Abstimmung. Damit wurde die Abwahl in der stärksten Form demokratischer Legitimation getragen, die auf kommunaler Ebene möglich ist.

Warum Aufarbeitung notwendig bleibt

Wer heute fordert, die Ereignisse einfach „ruhen zu lassen“, übersieht: Aufarbeitung ist kein Blick zurück im Zorn, sondern eine Investition in die Zukunft. Nur wenn Fehlentwicklungen ehrlich benannt und analysiert werden, kann Verwaltungskultur verbessert, demokratische Kontrolle gestärkt und verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen werden.

In diesem Sinne soll auch dieser Artikel verstanden werden: nicht als Abrechnung mit einer Person, sondern als Beitrag zur politischen Klarheit und zur Stärkung unserer demokratischen Kultur in Wedel.

Denn Demokratie lebt vom Erinnern, vom Verstehen – und vom Mut, offen über Fehler zu sprechen.

🟦 Zwischenfazit

Politische Verantwortung endet nicht mit juristischen Einstellungen – sie beginnt mit Vertrauen.
Die Abwahl von Gernot Kaser war keine Kampagne, sondern das Ergebnis dokumentierter Missstände und demokratischer Entscheidungen. Auch ohne strafrechtliche Konsequenzen bleibt seine politische Verantwortung für Führungsversagen, Vertrauensverlust und Verwaltungschaos bestehen. Aufarbeitung ist kein Angriff, sondern notwendige Demokratiepflege – im Interesse einer starken, respektvollen Stadtgesellschaft.

Bevor ich mich mit einem konkreten Beispiel der Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit befasse, möchte ich kurz innehalten – und auf das zurückkommen, was politische Führung im Kern ausmacht. Denn jenseits aller Einzelvorwürfe geht es letztlich um Grundprinzipien, an denen sich jede Amtsführung messen lassen muss.

Grundprinzipien politischer Führung – und was sie in der Praxis bedeuten

Politische Führung auf kommunaler Ebene ist kein Machtanspruch, sondern ein Vertrauensvorschuss. Wer ein öffentliches Amt übernimmt, übernimmt Verantwortung – nicht nur für Entscheidungen, sondern auch für den Ton, den Umgang, die Atmosphäre, die er oder sie schafft. Führung heißt in der Demokratie nicht: durchsetzen, was man für richtig hält. Führung heißt: Menschen einbeziehen, Widerspruch aushalten, Fehler erkennen, den Dialog suchen und gemeinsame Lösungen ermöglichen.

Vertrauen ist dabei keine nette Zugabe – es ist die Grundlage jedes politischen Handelns. Ohne Vertrauen zwischen Bürgermeister und Verwaltung kann keine Organisation funktionieren. Ohne Vertrauen zwischen Bürgermeister und Rat wird jede noch so gute Idee zur Quelle von Misstrauen. Und ohne Vertrauen in der Stadtgesellschaft entsteht kein politisches Miteinander, sondern ein Klima der Lagerbildung.

Ein weiterer Grundpfeiler ist Verantwortungsübernahme. Wer führt, muss Kritik ernst nehmen – nicht nur, wenn sie von außen kommt, sondern vor allem dann, wenn sie aus dem Inneren der Organisation kommt. Es reicht nicht, Fehler abzustreiten oder die Schuld bei anderen zu suchen. Politische Reife zeigt sich in der Fähigkeit zur Selbstreflexion.

Transparenz wiederum ist nicht selektive Öffentlichkeitsarbeit. Sie bedeutet: offen kommunizieren, ehrlich erklären, unangenehme Fragen nicht aussitzen, sondern beantworten. Und zwar auch dann, wenn es unbequem ist.

Respekt vor anderen Rollen gehört ebenfalls zu einer funktionierenden politischen Führungskultur. Dazu zählt der respektvolle Umgang mit Mitarbeitenden, das Ernstnehmen des Personalrats, die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen und der offene Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern.

All diese Prinzipien sind keine abstrakten Leitlinien. Sie sind der Maßstab, an dem sich jede Amtsführung messen lassen muss. Und sie sind der Grund, warum die Abwahl von Gernot Kaser nicht bloß eine politische Auseinandersetzung war – sondern eine notwendige Entscheidung zum Schutz dieser Prinzipien. 

🟦 Zwischenfazit

Führung braucht mehr als Form – sie braucht Haltung.
Die Abwahl von Gernot Kaser war nicht nur eine Reaktion auf einzelne Fehltritte, sondern auf ein dauerhaft verletztes Fundament politischer Führung: mangelnde Transparenz, fehlende Selbstreflexion, gestörte Kommunikation und der Verlust an Vertrauen. Wer ein öffentliches Amt ausübt, muss sich an demokratischen Grundprinzipien messen lassen – nicht an juristischen Grenzbereichen. Denn Führung bedeutet Verantwortung, nicht Rechtfertigung.

Um das Zustandekommen der Abwahl vollständig zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die politische Entwicklung vor dem offiziellen Verfahren. Denn der Vertrauensverlust zwischen Bürgermeister und Rat hatte nicht erst im Jahr 2024 begonnen.  

🟦 Keine Frage von „alten Strukturen“ – auch der neue Rat verlor das Vertrauen

Es wird immer wieder behauptet, die Abwahl von Gernot Kaser sei das Werk alter politischer Netzwerke gewesen – ein Angriff auf jemanden, der frischen Wind bringen wollte. Doch wer genauer hinschaut, erkennt: Diese Erzählung greift zu kurz.

Denn schon mit dem vorherigen Rat hatte sich das Verhältnis deutlich abgekühlt. Gründe für eine Abwahl gab es damals schon genug. Trotzdem entschied sich der alte Rat bewusst dafür, diesen Schritt noch nicht zu gehen – aus Respekt vor dem Amt und in der Hoffnung, dass es mit einem neu gewählten Rat vielleicht besser funktionieren könnte.

Im Mai 2023 wurde dieser neue Rat gewählt – mit vielen neuen Mitgliedern, parteiübergreifend. Doch auch mit diesem Gremium kam es nicht zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Der Vertrauensverlust blieb bestehen – und wurde am Ende zur gemeinsamen Realität über alle Fraktionen hinweg.

Die Entscheidung zur Abwahl war deshalb keine Frage von alten Strukturen oder politischen Machtspielen. Sie war das Ergebnis einer Entwicklung, die sich trotz eines personellen Neuanfangs nicht umkehren ließ.

🟦 Zwischenfazit

Der Vertrauensverlust hatte eine Vergangenheit – und eine Gegenwart.
Schon der alte Rat hatte erhebliche Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Bürgermeister Kaser. Doch aus Respekt vor dem Amt und in der Hoffnung auf Besserung durch einen neuen Rat wurde zunächst auf eine Abwahl verzichtet. Als sich dann auch mit vielen neuen Ratsmitgliedern kein konstruktives Verhältnis entwickeln ließ, wurde klar: Das Problem war kein personelles Missverständnis – sondern ein struktureller Vertrauensbruch, der sich durch die gesamte Amtszeit zog.

Exkurs: Anspruch und Wirklichkeit – „Für Transparenz und gegen Filz“

Bevor ich zu den persönlichen Eindrücken komme, möchte ich ein Beispiel nennen, das sinnbildlich für die Kluft zwischen Selbstdarstellung und Realität in Gernot Kasers Amtsführung steht: sein Wahlkampfslogan „Für Transparenz und gegen Filz“. Diese Formulierung offenbart exemplarisch die Diskrepanz zwischen Anspruch und tatsächlichem Handeln – und verdeutlicht, warum politische Glaubwürdigkeit nicht allein an Worten gemessen werden kann.

Was bedeutet eigentlich „Filz“?
Der Begriff Filz ist im politischen Sprachgebrauch ein schwerwiegender Vorwurf. Gemeint ist damit ein Geflecht aus persönlicher Vorteilsnahme, Vetternwirtschaft und Intransparenz – also eine enge, meist informelle Verflechtung zwischen politischen Akteuren, Verwaltung und anderen Entscheidungsträgern, die zu sachfremden Entscheidungen und unfairer Bevorzugung Einzelner führen kann. Wer diesen Begriff benutzt, unterstellt ein korrumpiertes System. In der öffentlichen Wahrnehmung steht „Filz“ für das Gegenteil von rechtsstaatlicher, fairer und nachvollziehbarer Amtsführung – also für genau das, was in einer demokratischen Stadtverwaltung ein No-Go sein muss.

Ein schwerwiegender Vorwurf ohne Belege
Dass Gernot Kaser diesen Begriff zur zentralen Aussage seiner Außendarstellung machte, konnte nicht als belanglose Floskel verstanden werden. Vielmehr unterstellte er damit, dass es in der Stadt Wedel unlautere Strukturen gegeben habe. Damit richtete sich der Vorwurf implizit gegen Verwaltung, Stadtpolitik und ehrenamtlich engagierte Ratsmitglieder wie mich – ohne jemals konkrete Belege oder benannte Strukturen vorzulegen. Eine Klärung, Konkretisierung oder Entschuldigung erfolgte nie. Der pauschale Einsatz eines solch belasteten Begriffs ist nicht nur unfair, sondern beschädigt dauerhaft das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen – gerade auf kommunaler Ebene.

Netzwerke sind kein Makel – sondern Voraussetzung für gutes Regieren
Umso wichtiger ist es, an dieser Stelle auch zu betonen: Netzwerke per se sind nichts Verwerfliches. Im Gegenteil: In einer Stadt wie Wedel, in der viele kommunalpolitische Aufgaben ehrenamtlich übernommen werden, ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Vereinen und Zivilgesellschaft unverzichtbar. Ohne funktionierende persönliche Verbindungen, gewachsene Vertrauensverhältnisse und den kontinuierlichen Austausch zwischen den Beteiligten lässt sich keine Stadt vernünftig steuern. Das, was Gernot Kaser pauschal als „Filz“ abqualifizierte, ist in Wahrheit oft schlicht das, was demokratische Selbstverwaltung auf kommunaler Ebene überhaupt erst möglich macht: Kooperation und Verlässlichkeit.

Strategische Inszenierung statt echter Aufarbeitung
Die wiederholte Nutzung des Begriffs „Filz“ ohne jede Konkretisierung legt nahe: Es ging Kaser weniger um sachliche Aufarbeitung als um die Inszenierung eines Konfliktbildes, in dem er selbst den einsamen Aufklärer gegen ein angeblich korruptes System gab. Gerade auf kommunaler Ebene ist enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft nicht nur legitim, sondern notwendig. Wo es zu Interessenkonflikten kommt, braucht es klare Regeln und Transparenz – aber eben keine pauschalen Unterstellungen, die das Vertrauen in alle Beteiligten untergraben.

Bemerkenswert ist außerdem: Selbst das Verhältnis zu Teilen der lokalen Wirtschaft verschlechterte sich im Laufe seiner Amtszeit spürbar. Auch mit verschiedenen Gewerbetreibenden kam es zu Verwerfungen, was das Bild einer zunehmend isolierten Amtsführung weiter verstärkte.

Transparenz verlangt mehr als selektive Offenlegung
Auch der zweite Teil seines Slogans „Für Transparenz“ verdient eine kritische Einordnung. Transparenz bedeutet, auch unbequeme oder belastende Fakten offen zu kommunizieren, nicht nur selektiv vorteilhafte Informationen zu verbreiten. In der Praxis zeigte sich bei Kaser jedoch oft das Gegenteil: Informationen wurden dann öffentlich gemacht, wenn sie seiner Darstellung dienten; kritische Aspekte blieben außen vor.

Ein Beispiel dafür war die selektive Veröffentlichung von Auszügen interner Unterlagen auf seiner Website. Entlastende Passagen wurden hervorgehoben, während der Gesamtzusammenhang verborgen blieb. Echte Transparenz – das hätte bedeutet, den gesamten Vorgang offen und nachvollziehbar darzustellen, nicht nur die für ihn günstigen Teile.

Fazit: Anspruch und Wirklichkeit klafften auseinander
Die Wahlkampfaussage „Für Transparenz und gegen Filz“ verdeutlicht exemplarisch, wie Anspruch und Wirklichkeit in Gernot Kasers Amtsführung auseinanderfielen. Wo pauschale Vorwürfe ohne Substanz erhoben und Transparenz als Instrument der eigenen Rechtfertigung missverstanden werden, leidet letztlich die demokratische Kultur insgesamt. Eine Stadt wie Wedel lebt von Engagement, Zusammenarbeit und wechselseitigem Vertrauen – wer diese Strukturen diffamiert, beschädigt weit mehr als politische Gegner: Er schadet dem demokratischen Gemeinwesen.

🟦 Zwischenfazit

Wer Transparenz fordert, muss sie selbst leben – und wer „Filz“ beklagt, muss ihn belegen.
Gernot Kasers Wahlkampfslogan „Für Transparenz und gegen Filz“ war mehr Inszenierung als Haltung. Der pauschale Filz-Vorwurf blieb unbelegt und verletzte viele, die sich in Wedel ehrenamtlich engagieren. Zugleich wurde Transparenz selektiv eingesetzt – nicht zur Aufklärung, sondern zur eigenen Entlastung. Eine demokratische Führungskraft sollte Netzwerke pflegen, nicht pauschal verunglimpfen. Ein glaubwürdiger Führungsstil sieht anders aus.

Ein weiteres Beispiel dafür, wie Anspruch und Wirklichkeit in der Amtsführung von Gernot Kaser auseinanderfielen, zeigt sich im Umgang mit der Mitarbeiterumfrage des Personalrats im Herbst 2023.

Wie Bürgermeister Kaser mit Kritik umging – ein persönlicher Eindruck

Als ich die Ergebnisse der Mitarbeiterumfrage im Herbst 2023 zum ersten Mal sah, war mir klar: Das ist ein Alarmsignal. Wenn über 90 Prozent der Beschäftigten von einem verschlechterten Arbeitsklima sprechen – und die allermeisten den Bürgermeister selbst dafür verantwortlich machen – dann braucht es keine juristische Bewertung mehr. Dann ist das Vertrauen offensichtlich erschüttert.

Was mich damals besonders irritiert hat, war nicht nur das Ergebnis der Umfrage – sondern vor allem, wie Gernot Kaser öffentlich darauf reagiert hat. Er stellte sich als Einziger dar, der sich angeblich „wirklich für die Ursachen“ interessiere. Dabei war zu diesem Zeitpunkt längst klar: Die Verwaltung hatte sich intensiv mit den Hintergründen beschäftigt und diese im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung unmittelbar nach der Präsentation der Umfrage erläutert. Das geschah ausdrücklich zum Schutz des Amtes – und zum Schutz von Herrn Kaser selbst.

Die Entscheidung, die Ursachen nicht öffentlich zu benennen, war kein Versuch, etwas zu verheimlichen – sondern ein bewusster Schutz der beteiligten Personen und der Würde des Amtes. Dass Kaser diesen Umstand dann nutzte, um sich selbst als alleinigen Aufklärer zu inszenieren, hat das Vertrauen weiter beschädigt – nicht nur im Rathaus, sondern auch in der Öffentlichkeit.

Der Vertrauensverlust, den die Mitarbeitenden und auch die politische Ratsversammlung erlebten, verschärfte sich dadurch weiter. Denn wer in einer solchen Situation wirklich Veränderung will, handelt sofort. Eine Führungskraft, die es ernst meint, wartet nicht auf die nächste Presseerklärung – sie sucht den Dialog. Ich für meinen Teil wäre am nächsten Morgen persönlich ins Büro des Personalrats gegangen. Alles andere wirkt wie reine Inszenierung – und genau so wurde es auch empfunden.

🟦 Zwischenfazit

Vertrauen lässt sich nicht inszenieren – es zeigt sich im Handeln.
Der Umgang von Gernot Kaser mit der Mitarbeiterumfrage offenbarte mehr als nur ein Kommunikationsproblem: Er zeigte, dass es ihm nicht um echte Aufarbeitung ging, sondern um Selbstinszenierung. Wer Veränderung will, sucht das Gespräch – nicht die Bühne. Genau an diesem Punkt wurde der Vertrauensbruch für viele endgültig spürbar.

Diese Erfahrung war für mich ein Wendepunkt. Denn sie machte deutlich: Es ging längst nicht mehr nur um einzelne Fehler – es ging um den grundlegenden Verlust von Vertrauen. Ein Verlust, der nicht über Nacht kam, sondern sich über viele Monate aufgebaut hatte.

Selbstkritische Einordnung: Was die Kommunalpolitik besser machen muss

So klar die Entscheidung zur Abwahl am Ende war – so wichtig ist auch die ehrliche Frage, ob die Politik im Vorfeld alles richtig gemacht hat. Rückblickend gibt es zwei Punkte, an denen sich selbstkritisch innehalten lässt.

Der erste Punkt betrifft die öffentliche Aufklärung: Viele der Vorgänge im Rathaus, die letztlich zur Abwahl führten, waren der Politik bereits seit Längerem bekannt. Und doch wurde in der Außendarstellung lange geschwiegen – in der Hoffnung, dass sich durch Gespräche, Begleitung und Geduld noch eine positive Entwicklung einstellen würde. Gernot Kaser war neu im Amt, er befand sich in einem Einarbeitungsprozess, und es bestand lange der Wunsch, ihm die Zeit und den Raum zu geben, seinen Weg zu finden. Zudem wollten viele Mandatsträger auch die Würde des Amtes und die Person des Bürgermeisters schützen. Das führte jedoch dazu, dass die Öffentlichkeit erst sehr spät von den Konflikten und Schwierigkeiten erfuhr. Als dann Maßnahmen ergriffen und Sachverhalte öffentlich diskutiert wurden, wirkte das auf viele wie ein plötzlicher und überzogener Bruch. Diese Dynamik hätte sich mit mehr Transparenz und einer schrittweisen Kommunikation möglicherweise vermeiden lassen.

Ein zweiter Punkt betrifft die Informationslage zum Zeitpunkt der Abwahleinleitung. Als die Entscheidung im Rat fiel, lagen viele Hintergründe der Öffentlichkeit noch gar nicht vor. Die Website, die die wesentlichen Gründe und Abläufe erläuterte, wurde erst rund vier Wochen später veröffentlicht. Hinzu kommt: Zahlreiche Einzelvorgänge, Gespräche und Vorgeschichten konnten und können aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und des Amtswohls nicht öffentlich dargestellt werden. Gerade das aber erschwert es vielen Bürgerinnen und Bürgern, die Tragweite der Entscheidung nachzuvollziehen – eine Spannung, die bis heute anhält und die die Politik besser hätte vorbereiten und begleiten müssen.

Solche Situationen wünscht man keiner Kommune. Und dennoch: Wenn sie eintreten, müssen sie mit größtmöglicher Verantwortung, Offenheit und Sorgfalt gestaltet werden. Die Erfahrungen aus diesem schwierigen Prozess haben gezeigt, wie wichtig transparente Kommunikation, frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit und der sensible Umgang mit persönlichen wie institutionellen Grenzen sind. Es bleibt zu hoffen, dass sich eine derart tiefgreifende Krise zwischen Politik und Verwaltungsführung in Wedel nicht wiederholt – und dass aus ihr dauerhaft gelernt wird.

Mit diesem Blick auf die Lehren aus dem Verfahren möchte ich zum Abschluss noch darlegen, warum ich diesen Artikel geschrieben habe – und was mich bis heute an der Debatte bewegt.

Abschließende Gedanken: Warum ich diesen Artikel geschrieben habe

Manche sagen, jetzt sei doch endlich Ruhe eingekehrt – Kaser sei abgewählt, man solle das Thema hinter sich lassen. Ich sehe das anders. Denn wer Verantwortung in der Öffentlichkeit getragen hat, muss sich auch der Aufarbeitung stellen. Nicht, um zu verurteilen – sondern um zu verstehen. Und um daraus zu lernen.

Die Geschichte der Abwahl von Gernot Kaser zeigt vor allem eines: wie grundlegend Vertrauen für politische Zusammenarbeit ist – und wie schwer es zu erhalten, wie leicht es zu zerstören und wie mühsam es wiederherzustellen ist. Es ging in Wedel nicht um parteipolitische Spielchen, sondern um die ernste Frage, ob eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister und Ratsmehrheit noch möglich war. Dieses Vertrauen – das notwendig ist, um gemeinsam für das Wohl einer Stadt zu arbeiten – war über Monate hinweg verloren gegangen.

Ich habe diese Entwicklung miterlebt. Ich habe gesehen, wie Mitarbeitende zunehmend frustriert waren. Wie Gespräche ins Leere liefen. Wie Signale überhört, Gesprächsangebote ausgeschlagen und Verantwortung auf andere abgeschoben wurde. Der Weg zur Abwahl war kein politisches Kalkül, sondern die Konsequenz aus einer Situation, in der dauerhaftes Misstrauen das Regierungshandeln blockiert hätte.

Gleichzeitig zeigt dieser Prozess, wie wichtig klare Kommunikation, Transparenz und gegenseitiger Respekt sind – gerade dann, wenn es schwierig wird. Wenn zentrale Gründe nicht öffentlich gemacht werden können, wenn persönliche Rechte zu schützen sind, dann braucht es umso mehr politisches Fingerspitzengefühl – und die Bereitschaft, Fehler einzugestehen.

Was mich besonders beschäftigt: Wie schnell politische Kultur Schaden nehmen kann, wenn Verantwortung verweigert wird. Aber ich nehme auch mit: Es ist möglich, mit demokratischen Mitteln klare Entscheidungen zu treffen. Es ist möglich, sich gegen Populismus, Vereinfachung und Schuldzuweisungen zu wehren. Und es ist möglich, trotz aller Härte der Auseinandersetzung für etwas Größeres einzustehen: für Integrität im Amt.

Vertrauen ist die wichtigste Währung politischer Führung. Eine Führungskraft, die sich über weite Strecken in emotionale Selbstverteidigung flüchtet, persönliche Angriffe in den Mittelpunkt stellt und Kritik pauschal als Kampagne abtut, verliert auf Dauer den Anspruch auf die Integrität, die ein öffentliches Amt erfordert.

Ein Bürgermeister muss die Fähigkeit besitzen, Mitarbeitende, politische Gremien sowie Bürgerinnen und Bürger zusammenzubringen und den Dialog zwischen diesen Gruppen zu fördern.

Das hat Herr Kaser – und das sage ich mit aller Klarheit – zu keinem Zeitpunkt seiner Amtszeit geschafft.

Wer die Abwahl bis heute für überzogen hält, dem sage ich: Manchmal ist nicht das Lauteste entscheidend – sondern das, was über lange Zeit still zerbricht.

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📚 Quellen

Abschließende Anmerkung:
Transparenz und Diskussion sind Teil der Demokratie – doch sie erfordern auch Respekt, Sachlichkeit und ein gemeinsames Interesse an der Wahrheit. Dieser Artikel erhebt nicht den Anspruch auf Unfehlbarkeit, sondern auf Klarheit.

Ich stehe zu jeder Aussage – und bin bereit, fundierte Kritik oder belegte Ergänzungen transparent zu prüfen und gegebenenfalls zu ergänzen.